Full text: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

Kap. 39. § 246. Handel u. Industrie nach dem 30jährigen Krieg. Kriegswesen. 399 
imb Englands Elisabeth nach dem Niedergang des Handels der 
Hansa die englische Handelsmacht gründete. 
Der dreißigjährige Krieg brachte den Rest des deutschen Handels 
auf lange Zeit in völligen Verfall. Von den deutschen Handelsstädten be¬ 
hielten nur Lübeck, Bremen und Hamburg sowie Frankfurt a. M. 
und Leipzig noch einige Bedeutung. Neben den älteren Städten, deren 
Macht verfiel, kamen indes durch die zunehmende Fürstenmacht neue Städte, 
besonders die Residenz- und Universitätsstädte empor. 
Mit dem Verfall des Handels verfielen aus den gleichen Gründen auch 
die Gewerbe, insbesondere litten die Tuchmanufacturen und Färbereien 
durch die Konkurrenz mit den zum Teil feineren niederländischen und eng¬ 
lischen Tuchen; nur die Leinwandfabrikation hob sich durch den vermehrten 
Absatz nach den westlichen Ländern und deren Kolonien. 
Wie der Handel so waren bei der allgemeinen Zerstörung und Ent¬ 
völkerung auch Landwirtschaft und Gewerbe fast zu Grunde gegangen 
und ganze Industriezweige, welche früher tausende von Familien ernährt 
hatten, verschwanden. Einen besonders nachteiligen Einfluß übte auf alle 
Lebensverhältniffe die bereits in den ersten Kriegsjahren eintretende Münz¬ 
verschlechterung, zu welcher die Landesfürsten bei der allgemeinen Geld¬ 
not ihre Zuflucht nahmen. War dieses schlechte Geld nun in großen 
Massen in den Verkehr gebracht, so suchten die Fürsten dasselbe auf seinen 
wirklichen Wert herabzusetzen, wodurch eine unheilvolle Münzverwirrung ent¬ 
stand, die jegliche Sicherheit im Verkehr aufhob. Verschlimmert wurde das 
Übel noch durch das betrügerische Treiben der Kipper und Wipper, mit 
welchem Namen man Falschmünzer und Wechsler bezeichnete, die das gute 
Geld gegen das leichte auf der Wage prüften und die Stücke, welche den 
Wagebalken niederkippten, bei Seite wippten, darauf beschnitten und 
so in den Verkehr brachten. 
Das Kriegswesen. In dieser Zeit vollzog sich auch der Über¬ 
gang vom Söldnerheer der Landsknechte zum stehenden Heer. Wie 
im Zeitalter der Reformation Georg von Fruusberg, genannt der 
„Vater der Landsknechte" das neue auf den Solddienst begründete 
Kriegswesen geschaffen hatte, das durch ähnliche Führer wie der Truchseß 
von Waldburg, Sebastian Schärtlin u. a. weiter ausgebildet war, 
so begegnen uns noch im dreißigjährigen Krieg Söldnerführer wie Ernst 
von Mansfeld, Christian von Braunschweig, Wallenstein n. a., 
deren zuchtlose Banden aus dem Abschaum aller Länder Europas bestanden. 
Während indes früher sich die Söldner oft nur für einen bestimmten 
Kriegszug verdungen hatten, wurde seit dem dreißigjährigen Krieg die Dienst- 
verpflichtung der Söldner auf eine größere Zahl von Jahren verlängert, 
wodurch sich der Übergang vom Söldnerheer zum steheuden unschwer vollzog. 
Auch hierin ging damals Frankreich voran, nach dessen Muster bald auch 
in den übrigen europäischen Ländern stehende Heere gebildet wurden. Seitdem 
verschwand die Bezeichnung „Landsknecht" immer mehr, das Wort „Soldat" 
lam in Gebrauch.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.