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nötigte sie zur Unterwerfung und brachte in kurzer Zeit alles in fried¬
lichen Zustand.
Da sich aber in Britannien, im Orient und in Afrika Unruhen er¬
hoben und zu Alexandria in Ägypten Achilles fick mit den Zeichen der
Herrschaft bekleidete, so erwählten die Kaiser den Julius Konstantins
und den Galerius Maximinianus, der den Beinamen Armentarius
führte, zu Caefaren und zogen sie durch Verheiratungen in ihre Ver¬
wandtschaft. Der erstere nämlich erhielt die Stieftochter des Herkuleus.
der letztere die Tochter des Diokletian zur Gemahlin, nachdem ihre frü¬
heren Ehen gelöst worden waren.1) Ihrer aller Vaterland war Jllyrien;,
und obgleich sie nur wenig Bildung befaßen, so waren sie doch, an das
Ungemach der Feldarbeit und des Kriegsdienstes gewöhnt, recht tüchtige
Regenten. Den Valerius [Diokletian] ehrten sie alle wie einen Vater
oder gleich einer mächtigen Gottheit. Weil die Kriegsdrangsale immer
heftiger wurden, so ward, gleichsam durch eine Teilung des Reiches, alles
Land Galliens jenseits der Alpen dem Konstantin,2) Afrika und Italien
dem Herkuleus, Jllyrium bis zur Meerenge des Pontus dem Galerius
überlassen; der übrige Teil des Reiches blieb in den Händen des Vale¬
rius [Diokletian]. Von dieser Zeit an wurde einem Teile Italiens eine
ungeheure Last von Abgaben aufgebürdet; denn während bisher das ganze
Land gleiche und mäßige Abgaben entrichtet hatte, wurde jetzt, um den
Unterhalt des Heeres und der Kaifer, die sich beständig oder doch grö߬
tenteils in Italien aufhielten, bestreiten zu können, ein neues Gesetz über
das Abgabewesen eingeführt.3)
Mit nicht geringem Eifer wurde für die Geschäfte des Friedens
gesorgt durch Gesetze und Beseitigung der verderblichen Menschenklasse,,
der sog. Frumentarii/) welche durch ersonnene boshafte Beschuldigungen
allerorten Furcht, besonders bei denen, die in Zurückgezogenheit lebten,
erregten und alles auf schändliche Weise ausplünderten. Die ältesten Re¬
ligionsgebräuche wurden aufs gewissenhafteste gepflegt [daher die große
Christenverfolgung ^)], und das hohe Rom, sowie die übrigen Städte,,
namentlich Karthago, MediolanumK) und Rikomedia,7) durch neue Pracht¬
gebäude wunderbar verschönert.
Trotz aller dieser Handlungen waren jedoch die Regenten nicht frei
von Fehlern: und Diokletian zeigte, freilich aus Furcht vor Zerwürfnissen,
gegen feine Freunde zu wenig ehrenhafte Aufrichtigkeit. Und die Zahl
der prätorianischen Kohorten und des waffenfähigen Volkes minderte sich.
Das war, wie mehrere glauben, der Grund, weshalb er die Regierung
1) Die erste Gemahlin des Konstantins war die h. Helena, die Muttev
Konstantins.
2) Residierte in Augusta Trererorum (Trier).
3) Gemeint ist die „Steuerverfassung" Diokletians, die wohl als Anfang
einer neuen Zeitrechnung genommen wurde.
4) d. t). eigentlich Verproviantiere^ welche das Getreide für die Truppen
aus den Prorinzen in die Staatsmagazine schafften, zugleich aber als Spione
benutzt wurden. — 6) Im Jahre 303.
6) Mailand. — 7) Das heutige Jsmid in Anatolien.