Full text: Abriß der Kirchengeschichte für Gymnasien

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§. 50. Die Reformation hatte nur durch Lossagung Der^Jesuiren- 
von der Kirche des Papstes sich durchsetzen können. Seit¬ 
dem bot diese alle Mittel der List und Gewalt auf, das 
Verlorene wieder an sich zu bringen. Im Jesuiten- 
Orden stellte sich ihr hierzu ein Gehilfe von nahezu 
dämonischen Kräften zu Gebote. Der Stifter desselben, 
ein spanischer Ritter Ignatius Loyola, hatte sich, 
an schweren Wunden darniederliegend, an den Legenden 
der Heiligen zu dem Entschluß begeistert, sein ferneres 
Leben einer geistlichen Ritterschaft in Weltverläugnung 
und Weltüberwindung zu weihen. Nach seiner Genesung 
vertauschte er im Kloster Montserrat seine Kleider gegen 
Bettlergewand und weihte seine Waffenrüstung der 
Himmelskönigin. In harten Bußübungen fand er sich 
von himmlischen Entzückungen getröstet. Bei beschränkter 
Begabung und Bildung, aber von eiserner Willenskraft, 
lernte er, 33 Jahr alt unter Knaben sitzend, Latein, 
studirte mit Eifer Philosophie und Theologie und ent¬ 
warf zu Paris mit sechs gleichgesinnten Genossen den 
Plan eines neuen Ordens für den katholischen Glauben, 
dessen Regel neben den drei gewöhnlichen Mönchsgelübden, 
den unbedingten Gehorsam gegen den Papst forderte. 
Diese „Gesellschaft Jefn" erhielt 1540 die päpstliche Be¬ 
stätigung. Ignatius wurde ihr erster General. Unter 
seinem ihm an Geist weit überlegenen Nachfolger Laynez 
gelangte der Orden zu seiner weltgeschichtlichen Macht. 
Deine Stärke beruht in der festen einheitlichen Verfassung, 
der klugen Auswahl und Verwendung und dem unbedingten 
Gehorfam aller seiner Glieder (se ferri ac regi a divina 
providentia per superiores suos sinere debent perinde 
ac cadaver essent), in der großartigen Weite seines Ge¬ 
sichtskreises und seiner Wirksamkeit, in welcher er alles, 
was die Welt an Mitteln bietet, seinem Zwecke dienstbar 
gemacht hat, in der gegenseitigen Überwachung und dem 
Gemeingeist, welchem Vaterland, Verwandtschaft, persön¬ 
liche Neigung, das eigene Urtheil und Gewissen nichts und 
der Orden alles gilt. Sein Arbeitsfeld ist ein dreifaches: 
1) der äußeren Mission unter den Nichtchristen, 2) der 
inneren Mission in der römischen Kirche, 3) der eon- 
vertirenben Mission unter den Protestanten. Berüchtigt 
ist bie Moral ber Jesuiten burch ihre Casuistik, b. i. bie 
cmbequemenbe Anwendung bes Sittengesetzes auf einzelne 
Fälle bes Lebens: 1) burch ben Probabilismus (Der 
Mensch bars einer Meinung auch ohne eigne Ueberzeugung 
folgen, wenn Grünbe von Gewicht ober anerkannte Auetori- 
♦äten für jene sprechen), 2) die methodus dirigendae
	        
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