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er unter die geharnischten Männer werfen sollte. Leicht gelang eg ihm
nun, die Stiere zu bändigen; ohne Schwierigkeit pflügte er das Feld
unb säete die Drachenzähne. Wirklich wuchsen ans den letzteren Männer
mit eiserner Rüstung empor, bie sich brohenb gegen ihn kehrten. Als
Jason aber ben von Mebea empfangenen Stein unter sie warf, gerie¬
ten sie in Streit unter cinanber unb töteten sich gegenseitig.
6. Einen solchen Ausgang hatte ber König nicht erwartet; voll Ärger
unb Groll gab er Jason bie Erlaubnis, am solgenben Tage ben
Drachen zu bekämpfen und das Vließ zu holen. Im Herzen aber nahm
er sich vor, in der Nacht die Argo verbrennen und die griechischen
Helden töten zu laffen. Allein Mebect burchschaute ben Plan. Mit
cintirechenber Dunkelheit verließ sie bas väterliche Haus, begab sich zu
Jason unb riet ihm, sich sofort in ben Besitz bes Felles zu setzen unb
abzusegeln, ba schwere Gefahr brohe. In ihrer Begleitung begab sich
Jason nach bem heiligen Haine; bie Zauberin besprengte ben Drachen
mit schlafbringenbem Wasser, Jason nahm bas Vließ unb eilte
zum Schisse zurück, besten Anker sofort gelichtet würben.
7. Am Morgen warb ber König bie Abfahrt ber Gäste gewahr.
Voll Grimm eilte er auf schnellsegelnbem Schiffe ben Flüchtigen
nach. Schon war er ihnen nahe. Da nahm Mebea, bie die Flagge
des Vaters erkannte, ihre Zuflucht zu einem grausamen Mittel. Sie
lötete ihren kleinen Bruder, den sie mitgenommen, zerschnitt
ihn in Stücke und streute dieselben aufS Meer. Die schreck¬
liche That brachte Rettung. Der Vater erkannte die umherschwim¬
menden Glieder seines Lieblings; mühsam sammelte er sie,
um sie am User zu bestatten; unterdes waren die Flüchtigen ent¬
kommen, und glücklich erreichten sie bte griechische Küste.
8. Pelias aber verweigerte dem Jason den versprochenen Lohn, darum
brütete dieser Rache. Als altes Weib verkleidet, ging Mebea zu ben
Töchtern bes jolkischen Königs unb erbot sich, ihren alten Vater mit
Hilfe eines Zaubersaftes wieber jung zu machen. Nachbem sie ihre
Kunst an einem Widder erprobt und ihn wieder zum Lamme gemacht
Hatte, gingen jene auf den Vorschlag ein. Sie öffneten dem schlafenden
Vater die Adern und füllten sie, nachdem das Blut entströmt war, mit
betn empfangenen Safte; aber mit Schrecken sahen sie sich betrogen:
ber Vater erwachte nicht wieber.
IV.
1. Einst waren bie olympischen Götter zu festlichem Mahle ver¬
sammelt; nur Eris, bie Göttin ber Zwietracht, war nicht geladen. Aus
Rache warf sie einen golbenen Apfel in ben Saal, welcher bie Auf¬
schrift „ber Schönsten" trug. Sogleich begehrte jebe der Göttinnen die
kostbare Frucht; den meisten Anspruch erhoben Here, Minerva und Venus.
Zeus selbst enthielt sich des Urteils; aus seinen Befehl sollte Paris,
ber Sohn bes Königs Priamus von Troja (—Troja lag an
ber Westküste von Kleinasien —) den Streit schlichten. Jede der drei