Full text: Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der allgemeinen (Kursus 2,2)

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Diese Zeit liegt freilich noch in ferner Zukunft. Zuvor muß das 
Totenschiff vollendet fein, das aus den Nägeln der Leichen zusammengesetzt 
ist. Damit es mit feinem Baue recht langsam gehe, werden allen Toten 
vor der Bestattung die Nägel beschnitten. 
4. Aber zuletzt kommt das Ende doch. Schwere Kriege und allge¬ 
meine Not kundigen es an: in furchtbaren Wintern offenbart die Natur 
ihre Schrecken; Brüder befehden sich aus Habgier; Vater und Sohn käm¬ 
pfen gegen einander. Dann kommt das allgemeine Verderben. Sonne 
und Mond werden von Wölfen verschlungen, und die Sterne fallen vom 
Himmel; das Meer überflutet das Land; das Totenfchiff kommt gefahren; 
Loki und der Fenriswolf werden ihrer Bande ledig, und mit gähnendem 
Rachen, daß der Oberkiefer den Himmel, der Unterkiefer die Erde berührt, 
wütet der letztere umher. Die Midgardfchlange speit Gift, daß Lnft und 
Meer entzündet werden; die Feinde der Götter, die Riesen, stür¬ 
men über die Regenbogenbrücke gegen Asgard; in furcht¬ 
barem Kampfe gehen Götter und Riefen und Ungeheuer 
sämtlich zu Grunde, und die Welt verbrennt im Feuer. 
Aber- Allvater ist leben geblieben. Aus den Trümmern 
läßt er eine neue Welt erstehen, schöner als die alte, und 
ein neues Göttergeschlecht, herrlicher als das frühere. Eine 
neue Menschheit, rein und ohne Sünde und Schuld, und keiner 
irdischen Speise bedürftig (— „Morgentau ist all ihr Mahl" —) be¬ 
wohnt in seligem Frieden die verjüngte Erde, und nach dem 
Tode werden alle Guten in dem Freudensaal Gimil (— 
Himmel) 11111 den Göttern vereint. 
Ilf. 
Kämpfe mit Hlom. 
I. Die Germane n zerfielen in eine Menge einzelner 
Völker und Stämme, die oft genug feindlich sich selbst gegenüber 
standen. 
Zuerst erschienen die Kimbern und Teutonen auf dem 
Schauplatz der Geschichte. Durch Sturmfluten vertrieben und um 
sich bessere Wohnsitze zu suchen, verließen sie ihre Heimat an den 
Küsten der Nord- uud Ostsee, stürmten südwestwärts, überschritten den 
Rhein und brachen in Gallien ein. Verheerend durchzogen sie das Land 
bis zu der an der Rhonemündung gelegenen römischen Provinz. Hier forderten 
sie Land vom römischen Senat und erboten sich, ihm dafür mit den Waf¬ 
fen zu dienen. Der Senat wies Forderung und Anerbieten zurück und 
sandte ihnen ein Heer nach dem andern entgegen. Aber ihre riesigen 
Leiber und die ungeheure Kraft ihres Körpers, ihr schreckbares Aussehen 
und ihre eigentümliche Bekleidung und Bewaffnung flößten Furcht und 
Entsetzen ein. Niederlage folgte auf Niederlage; Rom zitterte, wie einst 
vor Brennus und Hannibal, und der „kimbrische Schrecken" ergriff die
	        
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