Full text: Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der allgemeinen (Kursus 2,2)

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Als nun Karl X. die Freiheit des Volkes noch mehr beschränken wollte, 
brach im Juli 1830 in Paris eine neue Revolution aus; 
in mehrtägigen blutigen Straßenkämpfen wurden die Truppen der Regierung 
von den „Barrikadenmännern" besiegt; Karl X. mußte mit seiner Fa¬ 
milie das Land verlassen, und der Herzog von Orleans be¬ 
stieg als Ludwig Philipp den Thron. 
Diese „Julirevolution" in Frankreich gab das Signal zu Kämpfen 
und Aufständen in anderen Teilen Europas. 
Durch den Wiener Congreß war Belgien mit Holland 
zu einem Königreich (— Königreich der Niederlande) verschmolzen 
worden. Bald genug stellte sich das als ein Fehler heraus. Bei den 
Verschiedenheiten der beiden Nationen in Religion Holländer protestan¬ 
tisch, Belgier katholisch), in Sprache (— Belgier französisch, Holländer 
deutsch), in Sitte und Charakter fehlte jedes innere Band. Da außerdem 
die Holländer sich als das herrschende Volk betrachteten, so entstand in 
Belgien große Unzufriedenheit. Nach dem Vorgänge der französischen Re¬ 
volution steigerte sich dieselbe zur offenen Empörung. Holland vermochte 
nicht den Aufstand zu bewältigen. Noch im Jahre 1830 riß sich 
Belgien gänzlich von ihm los und hob mit Zustimmung der übrigen 
Mächte den Prinzen Leopold von Koburg auf seinen Königs¬ 
thron. 
Weniger glücklich war Polen, welches seit 1815 einen be¬ 
sondern Teil des russischen Reichs ausmachte. Auch hier brach am 
Ende des Jahres 1830 ein Ausstand aus, der sich bald über 
das ganze Land verbreitete. Aber umsonst hoffte das polnische Volk, 
seine frühere Selbständigkeit wieder zu erringen. Ein Jahr lang kämpfte 
es mit Aufbietung aller Kraft, dann erlag es der Übermacht. Polen 
wurde nun gänzlich dem russischen Reiche einverleibt und 
zur blosen russischen Provinz gemacht. ' (Vergl.: „Die letzten 
Zehn vom vierten Regiment" von Mosen). 
Auch bis nach Deutsch land schlugen die Wellen der 
französischen Revolution. An verschiedenen Orten entstanden Un¬ 
ruhen; in dem einen Lande vertrieb man den mißliebigen Fürsten; in dem 
andern zwang man die Regierung, die Wünsche des Volkes zu berücksichti¬ 
gen; auch in Sachsen nötigte man den greisen König AutvN 
(- seit _ 1827 Nachfolger Friedrich August des Gerechten), feinen Nef¬ 
fen Friedrich August zum Mitregenten anzunehmen, der dann 
1831 dem Lande eine Konstitution gab. Glücklicherweise 
aber beschränkten sich die Unruhen nur auf kleine Kreise 
und wurden bald unterdrückt. 
2. Wieder folgten eine Reihe von Friedensjahren. Man¬ 
ches geschah, um die leibliche Wohlsahrt der Völker zu för¬ 
dern. Auf Preußens Anregung entwickelte sich der Zoll¬ 
verein, der die lästigen Schranken des Handels und Verkehrs zwischen 
den einzelnen deutschen Staaten beseitigte. Die großen Erfindungen der 
Neuzeit führten allmählich einen gänzlichen Umschwung der Verhältnisse 
herbei. Man lernte die Dampfkraft verwerten: 1825 trug 
Kunze. Lehrstoff. II. tturfu« J1 13
	        
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