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1). Das Wuppergebiet.
Das Land. Die Wupper ist nur ein kleiner, im Sommer oft recht Wasser-
armer Fluß, übertrifft aber an Bedeutung manche viel größere Nebenflüsse des
Rheins. Sie beschreibt auf ihrem Laufe eiu großes nach S. geöffnetes Viereck,
an desfeu Nordseite die beiden Großstädte Barmen und Elberfeld liegen.
Ihr Tal ist tief in die Hochebene eingeschnitten und meist sehr schmal. Das-
selbe gilt vou den Tälern der zahlreichen Bäche, die ihr von allen Seiten zu-
strömen. Die größeren Ortschaften liegen darum auch fast alle auf den Höhen,
während man in den Tälern meist nur kleine Ansiedlungen trifft. — Das
Wuppergebiet ist von großer landschaftlicher Schönheit. Der reiche Wechsel von
Wald, Feld und Wiese, die zahlreichen Ortschaften, die seine Höhen bedecken, die
vielen kleinen Täler mit ihren Wiesen und Waldabhängen und den verstreut
liegenden Höfen und kleinen gewerblichen Anlagen: das alles vereinigt sich zu
eiuem Landschaftsbilde von wunderbarer Lieblichkeit.
Industrie. Aber nicht seiner Schönheit, sondern seiner großartigen Industrie
verdankt das Wuppergebiet seine Berühmtheit. Diese GeWerbetätigkeit steht in
engster Beziehung zu dem Flusse. Die Wupper hat nämlich ein starkes Gefälle,
und schon früh haben sich die Bewohner das zunutze gemacht und das Wasser
als treibende Kraft verwendet. Hunderte von gewerblichen Anlagen, Eisenhämmer,
Schleifmühlen, Pulvermühlen, Spinnereien, Tuchfabriken usw. sind an ihr wie
an den Nebenbächen entstanden, und mit Recht hat mau wohl gesagt, daß kein
Wasser auf dem ganzen Erdboden mehr arbeiten muß als das der Wupper.
Freilich bildet das Wafser jetzt uicht mehr die einzige, ja nicht einmal mehr
die Haupttriebkraft. Als die Dampfmaschine erfunden wurde, trat diese bald
auch im Wuppertale in den Wettbewerb mit dem Wasserrade. Ohne ihre An-
Wendung wäre die großartige Entwicklung, die die Judustrie in den letzten
Jahrzehnten durchgemacht hat, nicht möglich gewesen. Dabei war es ein sehr
günstiger Umstand, daß die für den Dampfbetrieb so unentbehrlichen Kohlen aus
der Nähe, von der Ruhr, bezogen werden konnten. Neuerdings hat man jedoch
der Ausnutzung der Wasserkraft wieder erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet. In
mehreren Tälern hat man sog. Talsperren gebaut, große, durch eine ge-
waltige, das ganze Tal sperrende Mauer gebildete Staubecken, in denen das
Wasser in der regenreichen Zeit gesammelt wird, um es in der trockenen, wenn
die Bäche gewöhnlich versiegen, beliebig verwenden zu können. Eine große Zahl
von kleinen Betrieben in abgelegenen Tälern, wo wegen der hohen Kohlenfracht
Dampfmaschinenanlagen nicht gemacht werden konnten, ist dadurch wieder lebeus-
fähig geworden. Denn während sie früher wegen Wassermangel oft Monate
lang stillliegen mußten und dadurch den Dampfbetrieben gegenüber im Nachteil
waren, haben sie jetzt das ganze Jahr hindurch die gewünschte Wasserkraft zur
Verfügung.