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2. Die Gründung Roms.
a. Aeneas. Die älteste Geschichte Roms ist vielfach mit
Sagen ausgeschmückt; selbst in der Geschichte der Könige ist Wahr¬
heit und Sagenhaftes vielfach vermischt. Die Sage über die
Gründung Roms geht von den im vorigen Abschnitte genannten
Parteikämpfen aus, welche nach dem Tode des Königs Prokas
zu Alba Longa unter dessen Söhnen Numitor und Aemulius
offen ausbrachen. Die Gründung der Stadt geschah der Sage
nach ans solgeude Weise:
Bei der Zerstörung Troja's war Aeneas glücklich entkom¬
men (s. S. 31). Nach langen Irrfahrten gelangte er nach La¬
tium auf der Westküste Italiens, wo er von dem Könige Lati-
nns freundlich aufgenommen wurde. Latiuus gewann den Fremd¬
ling bald so lieb, daß er ihm seine Tochter Lavinia zur Ge¬
mahlin gab, der zu Ehren Aeneas eine Stadt baute und Lavininm
nannte. Von Turuus, dem Könige der Rntnler, dessen Ver¬
lobte Lavinia früher gewesen war, wurde Latinns deshalb mit
Krieg überzogen; Turnus unterlag im Kampfe, aber der Sieg
war theuer: Latiuus war gefallen. Nun ward Aeneas König;
er verband die mit ihm gelandeten Trojaner und die Latiner,
welche bisher noch getrennt gewesen, zu einem Volke. Bald er¬
neuerte Turnus den Krieg; in Verbindung mit dem mächtigen
Etruskervolke drohte er dem neuen Staate den Untergang. Auch
diesmal ward Turnus geschlagen; aber auch diesmal war der
Siegespreis ein hoher: Aeneas war im Kampfe gefallen. Unter
seinem Sohne Askanius kam der Friede zu Stande. Dieser
begünstigte das rasche Aufblühen der Stadt Lavininm, so daß
diese bald die Menge der Bewohner nicht mehr fassen konnte.
Da verließ Askanins Lavininm und gründete die Stadt Alba
Longa, woselbst seine Nachkommen als Könige herrschten.
o. Romulus und Remus. Einer der Nachfolger des As¬
kanins, mit Namen Prokas, hinterließ zwei Söhne: Numi¬
tor und Aemulius; ersterer hatte die Regierung übernom¬
men. Doch bald verdrängte ihn Aemulius, und damit die Re¬
gierung nicht wieder auf die Nachkommen des Numitor kommen
könne, ließ er dessen Sohn todten, die Tochter Rh e a Silvia
aber zur Priesterin der Vesta (Vestalin), als welche sie immer
Jungfrau bleiben mußte, machen. Rhea Silvia aber gebar bald
darauf Zwillingsföhne. Auf die Nachricht hiervon befahl Aemu¬
lius, die Söhne auszusetzen, die Rhea Silvia aber in den Arno