470 Das Jahr 1866. §§ 734-736.
den Schlüssel der Stellung, wälzte er sich vorwärts. Hier fiel der General
Hlller von Gärtringen, und Prinz Anton von Hohenzollern ward tödlich
verwundet. Nun begann die Auflösung des österreichischen Heeres- in
wirrem, entsetzlichem Knäuel strömte alles gegen die Elbe rückwärts, wo
die durch das Gewölk brechende Abendsonne im fernen Glänze Köniaarätz,
(»dem König gerät's", sagten die Soldaten), das Ziel der Flucht zeigte
Erst spät am Abend trafen sich in der Nähe von Problus der König und
der Kronprinz; sie sanken sich in die Armee, und der König schmückte die
Brust seines Sohnes mit dem Orden pour le merite. Den ganzen Taa
im Sattel, nur mit einem Stück Brot aus der Tasche eines Soldaten er-
quickt, mehrmals selbst im Feuer, fo hatte der König alle Mühsale und
Gefahren des Tages mit den Seinen geteilt, die Kämpfenden ermuntert
die Verwundeten getröstet und für ihre Pflege gesorgt. Jetzt drängten sich
inbelnd die Soldaten um ihn her, küßten und drückten ihm die Hand
jauchzten und weinten vor Lust — und das alte „Nun danket alle Gott"
klang wie einst bei Zeuthen (§ 493) über das Siegesfeld.
§ 735. Die Niederlage war von furchtbarer Wirkung für Österreich.
In einem siebentägigen Feldzuge war die Entscheidung gefallen. Am Tage
nach der Schlacht kam Gablenz (§§ 731. 732), den der König Wilhelm
persönlich kannte und vom schleswigschen Feldzuge her (§ 722) achtete, ins
preußische Hauptquartier, um wegen eines Waffenstillstandes zu unterhan¬
deln; später wiederholte er seine Bemühung; aber eine Waffenruhe wurde um
so weniger gewährt, als bereits am 4. Juli die Nachricht eintraf, der Kaiser
von Osterreich habe Venetien dem Kaiser der Franzosen abgetreten. — Um
Venetien nämlich rang Italien in Bundesgenossenschaft mit Preußen gegen
Osterreich. Dieses hatte schon vor dem Beginne des Kriegs von Frankreich
den Rat bekommen, diese italienische Provinz an Viktor Emanuel freiwillig
abzutreten, um so den zweiten Feind in seinem Rücken zu vermeiden. Der
Stolz des Kaiserhofes hatte diesen Vorschlag verworfen und lieber den
doppelten Krieg aufgenommen. Auch waren die Österreicher gegen die
Italiener siegreich gewesen. Den Freischaren unter Garibaldi war es nicht
gelungen, in Tirol Fortschritte zu machen, und das Hauptheer, das unter
General Lamarmora über den Mincio gegangen war, um das sogenannte
Festungsviereck anzugreifen, hatte bei Custozza durch den Erzherzog Albrecht
eine Niederlage erlitten. Nicht glücklicher war später die italienische Flotte
gegen die österreichische bei Lissa. Durch die Niederlage von Königgrätz
aber kam man in der Hofburg zu dem raschen, verzweifelten Entschluß,
Venedig an Napoleon abzutreten. „ Man hoffte entweder geradezu, Napoleon
werde mit den Waffen zugunsten Österreichs einschreiten oder doch wenigstens
den Italienern, denen er Venetien nicht vorenthalten konnte, Stillstand ge-
bieten, so daß die österreichischen Truppen schnell zum Schutze Wiens heran-
gezogen werden könnten. Aber auch diese Hoffnung täuschte. Zwar erklärte
sich Napoleon mit der Abtretung Venetiens einverstanden, so daß die Öfter-
reicher die Festungen räumen und ihre Truppen zum Teil nach Wien hin-
überziehen konnten. Aber Italien blieb seinem Bündnis und seinen Ver-
pflichtungen gegen Preußen treu, und Napoleon wagte nicht anders als
vermittelnd für Österreich einzutreten.
§ 736. Inzwischen waren die Preußen fast ohne Widerstand bis vor Wien
vorgerückt. Dem Kronprinzen, der mit der zweiten Armee auf Olmütz ging,
war es gelungen, durch das siegreiche Gefecht von Tob Usch au (15. Juli)
einem Teil der Österreicher den geraden Weg nach Wien abzuschneiden. Prinz