Full text: Mittelalter (Theil 2)

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zurückgetrieben worden. Als sie aber jetzt mit 200 Schiffen an 
der friesischen Küste landeten und sogar Aachen bedrohten, beschloß 
Karl einen besonderen Kriegszug gegen sie. Nach dreijährigem 
Widerstande war auch ihre Macht völlig gebrochen; die Eider 
wurde die Grenze zwischen den Franken und den Dänen. 
Gegen das Ende des Avarenkrieges waren zu Rom Unruhen 
ausgebrochen. Der Papst Hadriau I. war gestorben, und sein 
Nachfolger Leo III. war bei einem feierlichen Umzuge durch die 
Stadt von einer feindlichen Partei überfallen und mit Schlägen 
und Stößen arg mishandelt worden; er floh zu Karl nach Pader¬ 
born. Dieser nahm ihn sehr freundlich auf und sandte ihn dann 
unter schirmender Bedeckung nach Rom zurück; er selbst^ folgte 
mit einem Heere nach und verschaffte dem Papste vollständige I 
Ruhe, Anerkennung und Achtung. Dafür wollte sich Leo dank¬ 
bar erweisen, er übertrug auf Karl nicht nur die Würde^eines 
römischen Patriziers, sondern auch die eines weströmischen Impe¬ 
rators und erneuerte so in christlicher Form das weströmische Reich, 
nm dadurch alle Völker des katholischen Glaubens unter einem 
weltlichen Oberhaupte, dem Kaiser, und unter einem geistlichen 
Oberhaupte, dem Papste, zu vereinigen. Als nemlich Karl am 
800 Weihnachtsfeste 800 in der Peterskirche am Altare knieend betete, 
trat Leo hinzu und setzte ihm eine goldene Krone auf, und alles 
Volk rief: „Carolo piissimo Augusto, dem von Gott gekrönten, 
großen, friedebringenden Kaiser der Römer, Leben und Sieg!" , 
Nach dreimaliger Wiederholung dieser Worte salbte ihn der Papst 
uud verbeugte sich gegen ihn. Karl war scheinbar überrascht; doch 
ließ er es sich gefallen, weil er dadurch in Macht und Ansehen 
nur noch höher stieg. 
(1. Klirl's Verdienste um Staat und Kirche. Wohl steht 
Karl als Feldherr groß da; noch größer aber ist er als Gesetz¬ 
geber und Regent. Von seiner Zeit an beginnt erst ein geord¬ 
netes Staatswesen in Deutschland bekannt und geschätzt zu werden. 
Das ganze Reich zerfiel in Gaue, jeder Gau in Hundertschaften. 
Der Graf über eine Hundertschaft, Centgraf genannt, mußte all¬ 
wöchentlich, der Gaugras allmonatlich ein Gericht abhalten. Mehr¬ 
mals im Jahre gingen besondere Sendboten in die Gaue, um 
die Gau- und Centgrafen in der Verwaltung ihrer Aemter zu 
beaufsichtigen, Streitigkeiten zn schlichten und besonders auf den J 
Heerbann zu achten. Diese Sendboten mußten aus den Reichs¬ 
versammlungen ausführlich Bericht erstatten. Solche Reichs-
	        
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