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Ein Haupterfordernis war die Umgestaltung des Heerwesens;
diese schwierige Arbeit fiel dem General-Major Scharnhorst zu.
Gerhard David Scharnhorst war 1755 zu Bordenau bei Han¬
nover geboren. Unter bescheidenen Verhältnissen und in ernster Arbeit er¬
zogen, entwickelte sich schon frühe ein mildes und doch entschlossenes Wesen.
Seine Lust zu militärischen fctudien wurde befriedigt, als der Vater ein
kleines Gut erbte. Auf der Kriegsschule zu Wilhelinstein im Steinhuder
Meer erwarb er sich ausgezeichnete Kenntnisse und trat zunächst in hannoversche,
1801 in preußische Dienste. Anfangs wurde es ihm hier schwer, vorwärts
zu kommen, da er ein Bürgerlicher und Fremder war; aber schon 1806 stellte
ihn der König an die Spitze des gesammten Heerwesens.
Scharnhorst ging von dem Grundgedanken aus, daß nicht ein
Heer von geworbenen Söldnern, sondern einzig und allein eine
Armee, welche aus Landeskindern bestehe, zur Vertheidigung des
Vaterlandes geschickt sei. Am 3. August 1808 erschienen die von
Scharnhorst ausgearbeiteten Verordnungen für die Heeres¬
ordnung. Diesen zufolge waren alle Söhne des Landes von
achtzehn bis fünfundzwanzig Jahren zum Heeresdienste verpflichtet;
alle sollten gleiche Rechte und Pflichten haben, jeder sollte zu den
höchsten Ehrenstellen gelangen können, die Beförderung solle also
nicht nach Stand und Alter, sondern nur nach Verdienst geschehen;
alle entehrenden Strafen, wie Schläge, Spießruthenlaufen, waren
für die Behandlung des Soldaten strenge verboten. — Nach den
Bestimmungen des Tilsiter Friedens sollte Preußen nur 42 000
Mann halten; um diese Bestimmung unwirksam zu machen, ließ
man so viel Rekruten etnerercteren, schickte sie dann nach Hause
und zog andere ein. Dadurch wurde man in den Stand gesetzt,
im Nothfall sogleich ein Heer von 150 000 Mann aufstellen zu
können. Eine kräftige Hülfe bei der Arbeit fand Scharnhorst im
General Gneisenan. Noch eine Anzahl Männer, welche im
Volke standen, wirkten für die Wiedergeburt Preußen’s, so der
bekannte Theologe Schleiermacher, welcher auf die Wieder¬
erweckung des wahren Glaubens hinarbeitete; so der Professor
Fichte zu Berlin, welcher in seinen Reden an die deutsche
Nation besonders auf Erweckung des Nationalgeistes und auf
bessere Erziehung der Jugeud drang; so Ernst Moritz Arndt
und Gustav Jahn, von denen ersterer gegen alles fremdländische,
besonders französische Wesen eiferte und den Haß gegen die fremden
Bedrücker entzündete, und letzterer die Jugend durch Turnübungen
kräftig und wehrhaft zu machen suchte.
Leider wurde Stein feinem Wirken zu frühe entrissen. Die
französischen Behörden hatten einen Brief von ihm aufgefangen,