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besitz an, gewährte ihnen die Rechte und Vortheile der andern
Kolonisten und gab ihnen Geld zur Weiterreise. Die Zahl der
Einwanderer mehrte sich bis aus 15 OOO. Auch Kirchen und
Schulen wurden ihnen errichtet, und der König that alles, um
ihnen ihre nette Heimat lieb zu machen.
Die Städte suchte der König auf alle Weise zu heben; wer
eine wüst liegende Baustelle bebaute, erhielt freies Bauholz, ein
Viertel der Baukosten und Erlaß aller Lasten auf sechs bis acht
Jahre. In Berlin zwang er reiche Leute zum Bauen; „der Kerl
hat Geld, muß bauen," war sein Wort, das keinen Einwand mehr
duldete. Wohl hat er dadurch die Städte und besonders Berlin
vergrößert und verschönert, aber sein Befehl war in vielen Fällen
eine Härte und hat manche wohlhabende Familie arm gemacht.
Große Sorgfalt widmete der König auch den Gewerben; er
bedauerte oft, daß so viel Geld außer Landes ginge. Um das
Geld dem Lande zu erhalten, ordnete er an, daß alle Bekleidungs¬
stücke aus einheimischer Waare gefertigt würden; er errichtete in
Berlin eine große Weberei, an welche alle inländische Wolle ver¬
kauft werden mußte; auch die Bürger wurden angehalten, nur
inländische Stoffe zu tragen, und da Friedrich Wilhelm die Mittel
kannte, sich Gehorsam zn verschaffen, so dachte bald niemand mehr
an ausländische Waaren, lim aber auch die Bürger gegen schlechte
Waaren zu schützen, erließ er strenge Vorschriften über die Fa¬
brikation und ließ dieselbe streng überwachen.
Auch die Rechtspflege erfuhr die Sorgfalt und Fürsorge des
Königs; er verbot die Hexenprozesse, urtheilte selbst sehr streng;
die Urtheile der Gerichte milderte er nie, er verschärfte sie oft;
persönliche Rücksichten kannte er nicht. Zur Beschleunigung der
Prozesse erließ er manche Vorschriften.
6. Sorge für Religion und Bildung. Friedrich Wilhelm
war von einer aufrichtigen Frömmigkeit beseelt; feiner Kirche war
er mit ganzer Seele ergeben. Er besuchte den Gottesdienst fleißig
und hielt darauf, daß es auch von feinen Familiengliedern und
den Beamten geschah; den Geistlichen empfahl er die Hinwirkung
auf eilt wahres thätiges Christenthum und versuchte eine Einigung
der beiden protestantischen Eonfefsionen. Vor der Gottesgelehr¬
samkeit hatte er hohe Achtung, vor den andern Wissenschaften nur
dann, wenn sie praktischen Nutzen hatten. Er ließ Erbanimgs-
bücher vertheilen, setzte geistliche Jnspeetoren ein, gab eine neue
Kirchenordnung und verordnete, daß in jeder Gemeinde Kirchen-