Object: Landeskunde des deutschen Reiches

— Neue Seit. Sweites Blũtenalter deutscher VDichtung. 
„Nur eine Gnade wollt ich, o Herr, von Euch erflehn,“ 
Erwidert drauf der Meister, „laßt freundlich es gescheh'n: 
Ach gerne malt' ich einmal noch Cuer Konterfei, 
Hell strahlend wie sein Urbild, doch auch so wahr und treu.“ 
Da faßte sanft der Kaiser des Künstlers Hand gerührt: 
„Bei mir ist's Abendrot schon, drum, eh' es Nacht ganz wird, 
Willst du die Landschaft zeichnen, vom Spätlicht ganz verklärt! 
Gelt, Freund, so istss gemeinet? Wohlan, gern seis gewährt!“ 
Der Maler nimmt den Pinsel, Leinwand und Farbenschrein: 
„Noch bitt' ich eins, mein Kaiser, seht nicht so finster drein!“ 
Starr auf die graue Leinwand ist Maxens Blick gebannt: 
„Ich denk' an Staub und Asche, auch grau wie diese Wand.“ 
Der Maler zeichnet weiter, Mund, Wange, Nas' und Blick, 
Der Kaiser sinkt vor Lachen jetzt in den Stuhl zurück: 
„Ho ho, da droht sie wieder, als ob sie der Spiegel wies' 
Die ungeheure Nase, die sich so oft schon stieß! 
Und Farb' auf Farb entlodert, wie Frühlingsblütenglanz, 
Und Leben, Frühlingsleben, durchschwillt den Farbenkranz. 
Aufblüht die Farb', umkosend als Lächeln hier den Mund, 
Als Ernst, gar finster thronend dort auf dem Stirnenrund. — 
„Seht da den ganzen Menschen, dies alte, treue Haus! 
Schmerz sieht zu seinem Fenster wehmüt'gen Blicks heraus, 
Die Freude steht am andern und nickt und lächelt mild, 
Nur hängt an diesem Hause die Kron' als Aushängschild! 
Leb' wohl nun, Bruder Albrecht! ja, Bruder nenn' ich dich, 
Ein König heiß' ich, König bist du so gut als ich: 
Ein Stückchen Gold mein Zepter, mein Reich ein Stück grün Land, 
Dein Zepter Stift und Kohle, dein Reich die Leinewand. 
Die Heere bunter Farben sind Untertanen dir, 
Wohl treuer dir ergeben, traun, als die meinen mir! 
Und Leben ist das Endziel, dem unsre Kraft geweiht, 
Und beider Müh' und Arbeit gilt der Unsterblichkeit! 
Und doch, ists einst gelungen, und glauben wir's vollbracht, 
Wonach wir treu gerungen tagsüber und bei Nacht, 
Kommt, unser Werk besehend, manch' nüchterner Gesell' 
Und meint, das Bild sei leidlich, der Thron steh' schief zur Stell' 
Behüt dich Gott, mein Albrecht! kehrst du nach Nürnberg heim, 
So grüß mir den Hans Sachse, den Mann mit Sang und Reim; 
Macht er ein Liedlein wieder, so seis ein Leichenlied, 
Bald hört ihr, daß ein König, der lieb euch war, verschied.“ 
So sprach der Fürst. Ins Auge schaut er dem schlichten Mann 
Und sieht ihn milden Blickes wohl lang und schweigend an, 
Blickt dann aufs eigne Bildnis, geschmuͤckt mit Kron' und Gold, 
Und lächelt still wie einer, der lieber weinen wollt'. 
Anastasius Grün
	        
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