Full text: [Theil 4, [Schülerband]] (Theil 4, [Schülerband])

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Bäume; der Wind trieb dürre Grashalme und Laubblätter vor sich 
her und jagte kräuselnde Staubwolken in dem Wege auf, worüber 
die Kinder sich freuten. Unter dem Laube wurde auch ein zusammen- 
gerolltes Papierblatt über den Weg getrieben, nach welchem die 
Kinder vergebens haschten. Endlich warf der eine Knabe seinen 
Hut darauf, nahm es auf, und weil es so ein weißes Papier war, 
brachte er's dem Vater. Da war es der Schuldschein, unter welchem 
geschrieben stand: Zu Dank bezahlt! 
Nun ward der Bauer froh und rief aus: „O wie glücklich 
fühle ich mich jetzt! Mein Wohlthäter kennt meine Ehrlichkeit und 
mein dankbares Herz." 
Jetzt wollte er nach Hause umkehren, aber die Frau ruhete nicht 
eher, bis .der Mann zu den reichen, geizigen und hochmüthigen 
Vettern fahren ließ, welche sie durch ihren Wohlstand recht zu be¬ 
schämen dachte; aber als sie hinkamen, waren diese nicht mehr zu 
finden, sondern entweder gestorben oder von ihren Gehöften vertrieben. 
Hochmuth und Unbarmherzigkeit kam bei ihnen vor dem Fall. 
Unser Bauer aber wurde täglich wohlhabender und von allen geliebt, 
die ihn kannten; denn er war arbeitsam und fleißig, half seinen 
Nächsten gern und führte ein stilles, gottesfürchtiges Leben. 
Mu saus. 
179. Geschichtliche Anekdoten. 
1. Franz 1., König von Frankreich, verwunderte sich in 
Bologna über den prächtigen Aufzug des Papstes Leo X und machte 
darüber folgende sarkastische Bemerkung: „Den heiligen Urkunden 
zufolge gingen die Seelenhirten zu Fuß, arm und einfach, einher." 
— „Sehr wahr, antwortete der Papst, doch nur in jenen Zeiten, 
als die Könige noch die Schafe hüteten!" 
2. Immanuel Kant, der berühmte königsberger Philosoph, aß 
eines Tages im Wirtshanse an öffentlicher Tafel; ein junger Edel¬ 
mann aus der Nachbarschaft, der überall sehr anmaßend aufzutreten 
pflegte, saß ihm gegenüber. Die Speisen wurden aufgetragen, unter 
diesen auch eine, die besonders den Appetit der Gäste reizte. Der 
junge Edelmann schien zu glauben, daß auf eine solche Delikatesse 
nur sein Gaumen Anspruch habe; denn er ergriff ohne weiteres das
	        
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