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ritt spazieren, wobei er stets von mehreren Windspielen, die er sehr liebte,
begleitet war. Punkt 12 Uhr wurde zu Mittag gespeist. Der König
aß nicht viel,.liebte aber währenv des Mahles, an dem die gebildetsten
Offiziere und berühmte Gelehrte teil nahmen, eine lebhafte Unterhaltung,
wobei es auch an scharfen Witzen nicht fehlte. Nach aufgehobener Tafel
blies Friedrich wieder eine Zeit lang die Flöte, unterzeichnete die bereit¬
liegenden Briefe, trank Kaffee, unterhielt sich mit Künstlern, besichtigte
Bauten und Gartenanlagen oder las und ließ sich von seinem Vorleser
Auskunft geben über neu erschienene Bücher. Die Zeit zwischen 4 und
6 Uhr war schriftstellerischer Thätigkeit gewidmet, und von 6 bis 7 Uhr
mußten Künstler ein Konzert aufführen, bei dem der König oft selbst
mitwirkte. Der Tag schloß mit der Abendmahlzeit, bei welcher sich
Friedrich in geistreicher Liebenswürdigkeit oft bis nach Mitternacht mit
feinen Freunden unterhielt. Die Sprache in dieser Abendgesellschaft war
die französische, wie sich denn überhaupt Friedrich der Große, der sonst
ein echt deutscher Fürst war, darin undeutsch zeigte, daß er der französischen
Sprache und Dichtkunst stets sein besonderes Interesse zuwandte.
Reisen. Die regelmäßige Lebensweise des Königs wurde nur daun
gestört, wenn er im Mai seine Reisen in die Provinzen begann, um
die Truppen zu mustern und zugleich in der bürgerlichen Verwaltung
überall nach dem Rechten zu sehen. Hohe und niedere Beamte mußten
da Rechenschaft über ihre Thätigkeit ablegen, und damit auch die Zeit,
welche der König auf der Landstraße zubrachte, nicht unbenutzt bleibe,
mußten die Landräte und Amtleute neben seinem Wagen herreiten und
ihm über den Zustand der Kreise und Ortschaften Bericht erstatten. Auch
sah der König Kaufleute und Geschäftsmänner gern, um bei ihnen über
die Gewerbsverhältnisse und den Gang des Handels Erkundigungen ein¬
zuziehen.
Wie sehr er sich auf seinen Reisen über alles informierte, davon zeugt eine Auf¬
zeichnung von seiner Hand über die auf einer Reise durch Schlesien gemachten Beob¬
achtungen: In Schweidnitz und Neiße fehle es noch an Ziegeldächern, man müsse daran
denken, sie zu schaffen; in Schmiedeberg fühle man sich von der Kaufmannschaft ge¬
drückt, die Sache verdiene Überlegung. Striegau bedürfe einer Manufaktur, er wisse
jedoch für diesen Ort nichts anderes als etwa die Bereitung von Vitriol. In Ober¬
schlesien besonders gebreche es an Industrie. In Gleiwitz lasse sich eine Fabrik von
Halbbaumwolle und Halbleinen anlegen, in Tarnowitz würden die Kunstschreiner be¬
schäftigt werden können; für Waren wie die Nürnberger, zu denen es an Holz nicht
fehlt, würden Krakau und Teschen ein guter Markt fein.
Leutseligkeit. Ans feinen Reifen zeigte sich Friedrich gegen jedermann freundlich
und leutselig. Als einst die Pferde gewechselt wurden, drängte sich ein altes Mütterchen
dicht an den königlichen Wagen. „Was wollt Ihr?" fragte der König. „Rur Euer