— 229 —
Vor seiner Abreise von Berlin versammelte sich eine große Volksmasse vor seinem
Palais, um ihm einen Abschiedsgruß zuzurufen. Aus tausend Kehlen erscholl der
Choral: „Ein' feste Bnrg ist unser Gott", worauf der König das Wort ergriff zu
folgender Ansprache: „Habt Dank für Euern Jubelruf! Den nehme ich mit zur Armee.
Mit Gottes Hilfe haben wir den ersten Sieg errungen; es steht aber noch vieles bevor.
Harret aus und denkt an den Wahlsprnch: »Mit Gott für König und Vaterland!«"
Königgrätz. Am 2. Juli traf der König in Gitschin ein und sprach
durch einen Tagesbefehl den Truppen seine Anerkennung für ihre bis¬
herigen Thaten aus. An demselben Abend erhielt er die Nachricht, daß
die gesamte österreichische Armee sich bei Königgrätz vereinigt habe, um
wahrscheinlich am folgenden Tage einen Angriff zu unternehmen. Sofort
wurde ein Kriegsrat gehalten, der beschloß, dem Feinde zuvorzukommen
und ihm eine Schlacht zu liefern. Es erging daher noch in derselben
Nacht an alle drei Armeeen der Befehl zum Angriff, der am nächsten
Morgen beginnen sollte. Die Österreicher hatten, etwa 200 000 Mann
stark, auf den wellenförmigen, vielfach mit Wald bedeckten Anhöhen
zwischen Elbe und Bistritz, unweit der Festung Königgrätz, eine äußerst
vorteilhafte Stellung eingenommen und in Abstufungen übereinander
500 Geschütze aufgestellt, um die Preußen überall mit mörderischem Feuer
begrüßen zu können. Von dem preußischen Heere aber konnte sich zunächst
nur die erste Armee am Kampfe beteiligen, da die Armee des Kronprinzen
noch fünf und die des Generals Herwarth von Bittenfeld noch drei
Meilen entfernt stand. Dessenungeachtet begann der König, der Tapfer¬
keit seiner braven Truppen vertrauend, am 3. Juli morgens 8 Uhr den
Angriff. Mit bewunderungswürdiger Ausdauer und unerschütterlicher
Festigkeit hielt die erste Armee, geführt von dem ritterlichen Prinzen
Friedrich Karl, den Kampf aus gegen die furchtbare österreichische Artillerie;
mit übermenschlichen Anstrengungen versuchten die Tapfern, gegen die
verschanzten Dörfer, die verbarrikadierten Wälder vorzudringen, aber es
war unmöglich. Die Division Fransecky, die gleich anfangs den Wald
von Senates besetzt hatte, war stundenlang dem mörderischen Geschützfeuer
ausgesetzt und mußte schließlich vor der auf sie anstürmenden feindlichen
Übermacht bis Senates weichen; hier sprach Fransecky das heldenmütige
Wort: „Nicht weiter zurück! Hier sterben wir!" Noch immer aber
schwankte die Entscheidung, obwohl der Mittag bereits herangekommen
war. Mit ängstlicher Spannung richteten sich alle Blicke nach links,
woher der Kronprinz kommen sollte. Dieser hatte erst morgens 4 Uhr
den Besehl zum Angriffe erhalten und war sofort mit seinem ganzen
Heere aufgebrochen. Aber er hatte einen weiten Weg zurückzulegen und
konnte nur langsam vorwärts kommen, da gewaltige Regengüsse den Boden