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auf der Insel Usedom. Im Angesichte seines Heeres kniete er nieder und
betete. Bei diesem Anblick füllten Thränen der Rührung die Augen seiner
Krieger; er aber sprach: „Weinet nicht, meine Freunde, sondern betet.
Je mehr Betens, desto mehr Sieges. Fleißig gebetet ist halb ge¬
fochten!" Sein Heer, obgleich gering an Zahl, bestand aus lauter Landes¬
kindern, nicht aus zusammengelaufenen Söldnern. Was ihm an Zahl fehlte,
ward durch strenge Manneszucht und frommen Sinn ersetzt. Fluchen und
Schwören, Raub und Plünderung war streng untersagt. Morgens und abends
versammelte sich jedes Regiment um seinen Feldprediger und hielt unter freiem
Himmel feine Andacht. Gustav Adolf leuchtete hierin seinem ganzen Heere
voran. Mit Blitzesschnelle vertrieb er die kaiserlichen Truppen aus Pommern.
Anfangs hatte der Kaiser des Schwedenkönigs gespottet. „Da haben wir halt
wieder a neues Feindl bekommen," soll er lachend ausgerufen haben. Seine
Höflinge nannten Gustav Adolf nur den „Schneekönig"; sie spotteten, die
nordische Schneemajestät werde an den Strahlen der kaiserlichen Sonne bald
zerschmelzen. Nach der raschen Besetzung Pommerns durch Gustav Adolf
dachte der Kaiser freilich anders.
d. Zerstörung Magdeburgs. Inzwischen wurde Magdeburg durch Tilly
hart belagert. Gustav Adolf sandte der bedrängten Stadt einstweilen einen
-seiner tüchtigsten Offiziere, den Obersten Falkenberg, damit dieser die Ver¬
teidigung leiten solle, bis er selbst zur Rettung käme. Das konnte jedoch so
bald nicht geschehen, denn sein Schwager, der Kurfürst Georg Wilhelm von
Brandenburg, der seit 1619 regierte, verweigerte ihm den Durchzug durch
sein Land.
Georg Wilhelm, 1619—1640, schwankte in den Stürmen der Zeit unschlüssig von
ßnx anderen, ohne eine bestimmte Stellung einzunehmen und diese mit
~~uc„ §u behaupten. Durch Neutralität glaubte er seinem Lande am besten zu dienen.
Dafür wurde das Land von Kaiserlichen und Protestanten gleich furchtbar verheert,
eem wichtigster Ratgeber war der katholische Graf Adam von Schwarzenberg der
l?1*1. I™ ken Anschluß an den Kaiser empfahl. Zwar war die Entscheidung, auf wessen
Seite Brandenburg mehr Vorteil zu erwarten hatte, nicht leicht; aber die Sache des
Glaubens hatte den Kurfürsten auf die Seite der Protestanten führen müssen. Man
hat deshalb dem katholischen Schwarzenberg alles Unheil zur Last gelegt, das durch den
Anschluß an den Kaiser über Brandenburg hereinbrach. Ernst von Mansfeld, Christian
von Dänemark und Wallenstein verheerten das Land unb erzwangen von den armen
Brandenburgern alles, was sie brauchten. Besonders that das Wallenstein. Einer seiner
Generale, der in der Neumark stand, ließ sich monatlich für sein Kriegsvolk 30000 Gul¬
den, für seine Tafel allein 12000 Gulden und für jeden seiner Obersten 600 Gulden
zahlen, und dabei ließ er sich noch ein Zeugnis darüber ausstellen, daß er es milde und
gnädig mtt dem lande gehalten habe. Unter 30—60 Schüsseln täglich hielt er keinen
„cutagsttsch. Und dabei wurden die Bewohner ausgeplündert, gequält, erschlagen die
Stadte und Dörfer verbrannt. Dieselbe Unentschlossenheit zeigte der Kurfürst Gustav Adolf
gegenüber, der nicht müde mit Bitten und Vorstellungen wurde.
Umsonst erinnerte er den Kurfürsten an die Gefahr, die durch seine
Weigerung dem evangelischen Glauben drohe. Erst nachdem er mit fliegenden
Futsnen vor Berlin erschien und es zusammenzuschießen drohte, gestattete ihm
der Kurfürst deu Durchzug. ließ Spandau und Küstrin besetzen urd gewährte
ihm eine monatliche Unterstützung von 30000 Thalern. Run rückte Gustav
Adolf auf Magdeburg los, doch kam er zu spät zur Rettung, denn die Stadt
war unterdessen von Tilly gestürmt worden. Zwar hatten sich die Bürger
unter Falkenbecgs Führung mehrere Wochen lang tapfer verteidigt, aber die
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