Full text: Vaterländische Geschichtsbilder

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und die Thatkraft, die Friedrich II. so sehr ausgezeichnet hatte. Daher war 
ihm Friedrich nicht freundlich gesinnt und kümmerte sich wenig um ihn. Doch 
war er gütig, wohlwollend und freundlich gegen jedermann. Das z'eigte sich 
gleich bei seinem Regierungsantritte. Er erleichterte die Steuerlast durch Auf¬ 
hebung der Tabak- und Kaffeesteuer. Dann entließ er die beim Volke ver¬ 
haßten französischen Steuerbeamten, die Friedrich II. aus Vorliebe für 
französisches Wesen ins Land gerufen hatte. — Seine Güte zeigte sich besonders 
in der Milderung der harten Kriegszucht. Seit dem alten Dessauer 
herrschte der Stock in der preußischen Armee. Man hielt die größte Strenge 
für nötig, um die aus allen Ländern geworbenen Soldaten im Zaume zu 
halten und durch Furcht am Entlaufen zu hindern. Selbst bei leichten Ver¬ 
gehen wurden sie gescholten, gestoßen, geohrfeigt, mit dem Stocke geprügelt 
und nicht selten mit der blanken Klinge gefuchtelt. Auch zum Spießruten¬ 
laufen wurden die Soldaten noch oft verurteilt. Schon während Friedrichs II. 
Regierung war eine Verordnung erschienen, welche diese barbarische Behand¬ 
lung der Soldaten streng verbot. Es hieß darin: „Der König hat keine 
Schlingel, Kanaillen und Hunde in seinen Diensten, sondern rechtschaffene 
Soldaten, von denen viele so gut als wir sind und manche es vielleicht noch 
besser verstehen würden als wir." Auch Friedrich Wilhelm wollte die harte 
Behandlung nicht mehr dulden, vielmehr sollte im Heere das Ehrgefühl geweckt 
und gepflegt werden. — Auch für das Schulwesen sorgte der König. Er 
ließ einige Seminare zur Ausbildung von Lehrern errichten. In den damaligen 
Stadtschulen lernten alle Schüler, gleichviel, welchem Berufe sie sich einst zu¬ 
wenden wollten, Lateinisch, Griechisch, Hebräisch. Man sah ein, wie unnütz 
für den künftigen Tischler, Schneider oder Krämer diese Bildung sei. Daher 
sollten Bauern-, Bürger- und Gelehrtenschulen eingerichtet werden. Für jede 
Art von Schulanstalt wurde festgestellt, was darin gelehrt werden sollte. Auch 
die Universitäten, besonders Halle, wurden reichlich unterstützt. — Berlin wurde 
durch große Bauten immer mehr verschönert. So ließ der König das be¬ 
rühmte Brandenburger Thor erbauen. Während seiner Regierung wurde 
auch die erste Chaussee in Preußen, zwischen Berlin und Potsdam, angelegt. 
Sodann gab er das von Friedrich II. bereits begonnene allgemeine Land¬ 
recht heraus, das noch heute die Grundlage der preußischen Rechtsprechung bildet. 
Daneben zeigte seine Regierung aber auch tiefe Schattenseiten. Seine 
Gutmütigkeit artete oft in Schwäche, seine Freigebigkeit in Verschwendung aus. 
Mancher Beamte, der vor Friedrichs II. scharfem Auge gezittert hatte, wurde 
jetzt nachlässig und gewissenlos. Infolge der Verschwendung wurde nicht nur 
Friedrichs II. Staatsschatz von 150 Millionen Mark aufgebraucht, sondern es 
wurden auch noch 144 Millionen Mark Schulden gemacht, und drückende Steuern 
belasteten das Volk. Dazu herrschte am Hose ein sehr sittenloses Leben. 
Der preußische Staat freilich wurde während feiner Regierung bedeutend 
vergrößert. 1791 fielen die hohenzollernschen Fürstentümer Anspach und 
Baireuth in Bayern, in denen bisher eine Zweiglinie der Hohenzollern regiert 
hotte, an Preußen. 1793 kam es zwischen Rußland, Österreich und Preußen 
zur zweiten Teilung Polens, in welcher Preußen Danzig, Thorn und 
die heutige Provinz Posen erhielt. Es waren etwa 700 Quadratmeilen Land 
mit 1 Million Einwohnern. Als sich nun im folgenden Jahre die Polen er¬ 
hoben, um ihr Reich wieder herzustellen, rückten russische und preußische Heere
	        
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