Full text: Vaterländische Geschichtsbilder

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spiel ist erlaubt), sich dem Wucher oder der Wahrsagerei ergeben. Doch ist die Viel¬ 
weiberei gestattet, daneben auch die Sklaverei, die Blutrache und manches andere Tadelns¬ 
werte, wodurch der Islam weit hinter dem Christentume zurückbleibt. 
c) Die Kalifen waren die Nachfolger Mohammeds., Sie waren Fürsten und 
Priester zugleich. Nach dem Grundsätze des Propheten: „Wen das Wort nicht bekehrt, 
den bekehre das Schwert!" fuhren sie fort, den Islam mit Feuer und Schwert auszu¬ 
breiten. Der erste Kalif (Abu-Bekr) sammelte die hinterlassenen Aufzeichnungen des 
Propheten im Koran. Schon der zweite Kalif, Omar, eroberte Jerusalem, ganz Pa¬ 
lästina, Syrien und Ägypten. Auf dem Tempelberge in Jerusalem, wo einst Salomos 
Tempel gestanden, erbaute er die Moschee Omar, das dritte Heiligtum der Moham¬ 
medaner. Unter seinen Nachfolgern wurde auch Persien und die ganze Küste Nordafrikas 
erobert. Bald verlegten die Kalifen ihre Residenz von Medina nach Damaskus, 
griffen selbst Konstantinopel an, das sie sieben Sommer hintereinander belagerten, dessen 
Eroberung jedoch nicht gelang, und dehnten ihre Herrschaft bis über den Indus aus. 
In Nordafrika drang der Islam allmählich bis zum atlantischen Ozeane vor. Die 
christliche Kultur daselbst wurde dabei völlig vernichtet. Die Urbewohner des Landes, 
die Berbern, verschmolzen mit den Arabern zu einem Volke, den Mauren. Der 
mohammedanische Statthalter Nordafrikas, der Eroberer des ganzen Landes, war Musa 
iMoses). Er ließ sich in seinem Eroberungszuge durch die Straße von Gibraltar nicht auf¬ 
halten. Das reiche, fruchtbare Spanien lockte ihn. Deshalb schickte er 710 seinen Unter¬ 
feldherrn Tarif mit vier Schiffen und einer kühnen Reiterschar hinüber. Nach einem ver¬ 
wegenen Streifzuge durch Andalusien holte dieser ein größeres Heer nach, eroberte den 
steilen Felsen, der ihm zu Ehren Gibraltar (Gebet al Tarif — Berg des Tarik) genannt 
wurde und verbrannte sämtliche Schiffe hinter sich, um die Rückkehr unmöglich zu machen. 
Erst jetzt, 711, stellte sich ihm der Westgotenkönig Roder ich bei Xeres de Ist Frontera 
nordöstlich von Kadiz entgegen. In einer 7 tägigen heißen Schlacht wurden die West¬ 
goten völlig geschlagen, und König Roderich siel. Damit fand das Westgotenreich 
nach 300jährigem Bestehen seinen Untergang, denn schon im folgenden Jahre fielen 
Cordova und Toledo, die beiden wichtigsten Städte des Reiches, in die Hände der 
Mauren, denen bald die ganze Halbinsel gehorchte. Sie bildete später das Kalifat 
Cordova. 
Von Spanien aus bedrohten nun die Araber das ganze christliche Europa. 
Zuerst unternahmen sie einige glückliche Streifzüge über die Pyrenäen ins 
Thal der Garonne und Rhone. Endlich drang Abderaman, nach Mnsas 
Tode Statthalter von Spanien, 732, gerade 100 Jahre nach dem Tode des 
Propheten, mit einem gewaltigen Heere über die Pyrenäen und die Garonne 
ins Frankenreich. Groß war der Schrecken, der dem wilden Heere voranging. 
Kirchen und Klöster wurden zerstört, die Felder verwüstet. Mancher tapfere 
Franke bebte vor den braunen Wüstensöhnen. Aber Karl Martell, der große 
Majordomus, führte den Heerbann des ganzen Frankenreiches dem 
Feinde entgegen. Zwischen Tour und Poitiers, auf der weiten Ebene süd¬ 
lich der Loire, kam es 732 znr heißen Entscheidungsschlacht. Sechs Tage lang 
prüften die Heere ihre Kraft in kleineren Gefechten, am siebenten entspann 
sich der entscheidende Kampf. Abderaman fiel, ein riesiger Alemanne spaltete 
ihm das Haupt. Es entstand ein gräßliches Würgen; erst die Nacht machte 
dem Blutbade ein Ende. Die Araber wurden vollständig geschlagen; 100000 
Mauren bedeckten das Schlachtfeld; nur wenige entkamen über die Pyrenäen 
nach Spanien. 
Diese Schlacht ist eine der wichtigsten der Weltgeschichte. Wie einst Aetius auf 
den katalanischen Feldern Europa vor den Hunnen rettete, so rettete Karl Martell das 
christliche Abendland vor der Herrschaft des Islam; denn bei Tour und Poitiers siegte 
nicht nur das Frankenreich über das maurische Spanien, sondern das Christen¬ 
tum über den Islam, das Kreuz über den Halbmond. Hier erwarb sich Karl den 
Beinamen Martell, weil er mit wuchtigen Schlägen die Macht der Araber zertrümmert 
hatte. Nachdem Karl Martell noch das Friesenland erobert und dort dem Christentum?
	        
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