Full text: Übersichtlicher Lehr- und Lerntext zum Unterricht in der Geschichte

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b) Rußland. Das Verhängnis drohte Polen namentlich von Rußland, 
wo im Jahre 1762 Katharina II., die Gemahlin Peters III., mit 
dessen kurzer Regierung das Haus Holstein-Gottorp begonnen, den 
Thron bestiegen hatte. Energisch und klug, nahm sie die Überlieferung 
Peters des Großen mit neuer Kraft auf, nämlich den Verfall der 
Türkei zu beschleunigen und die Vorposten russischer Macht nach Warschau 
hin vorzuschieben. 
c) Die Lage Preußens. Preußen, dessen natürliche Lage den 
Nachbarstaaten eine offene, ungeschützte Stellung bot, war nach 
dem siebenjährigen Kriege erschöpft und entbehrte jeder natür¬ 
lichen Verbindung mit anderen Mächten: es mußte darum auf 
den Frieden bedacht sein. Trotzdem verkannte Friedrich nicht 
die Gefahr, die thnt drohte, wenn durch die einseitige Besetzung 
Polens von feiten Rußlands die Wucht russischer Macht statt 
des ungefährlichen Polen sich vor feine Grenzen stellte. Seine 
Politik mußte daher darauf gehen, die Auflösung Polens mög¬ 
lichst lange zn verhindern und, wenn sie unvermeidlich war, ihr 
die möglichst günstige Wendung für Preußen zu geben. 
d) Die Teilung. Zunächst vereinigten sich Rußland und Preußen 
in einem Bündnisse, um die Wahlfreiheit in Polen aufrecht zu 
erhalten, und setzten bann unter militärischer Beeinflussung die 
Wahl bes Stanislaus Poniatowski, eines Günstlings ber Kaiserin 
Katharina, burch. Als aber biefer auf Reformen sann, war 
Rußfanb um feinen Einfluß besorgt, und die Zarin forderte die 
Gleichberechtigung der Dissidenten mit den Katholiken und die 
Aufhebung der Gesetze der neuen Regierung. Diese Gewalt¬ 
maßregeln riesen eine gewaltige Aufregung hervor. Die Katho¬ 
liken schlossen eine Konföderation zu Bar, und man rief die 
Hilfe Frankreichs und der Türkei an. Das Glück Rußlands 
in dem nun ausbuchenden russisch-türkischen Kriege, 1768 bis 
1774, hatte aber eine Annäherung Preußens und Österreichs 
zur Folge, und Rußland wurde in seinen Zielen etwas mäßiger. 
Da aber Österreich einseitig vorging und den Zipser Kreis be¬ 
setzte, einigten sich Preußen und Rußlaub über eine Teilung 
Polens, an ber and) Österreich teilnahm, 1772. Preußen er¬ 
hielt Weftpreußen außer Danzig unb Thorn unb bas Bistum 
Ermlanb, im ganzen etwa 36 500 qkm mit 600 000 
Einwohnern. Der gewünschte Zusammenhang Ostpreußens mit
	        
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