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4. Heinrich V. und die inneren Zustände Deutschlands unter den 
salisch-fränkischen Kaisern. 
(1106 bis 1125.) 
Mit dem Tode Heinrichs IV. war eine bedeutsame Zeit für die 
Entwicklung des deutschen Reiches abgeschlossen. Nie vorher hatten 
sich Kirche und Staat so schroff gegenüber gestanden, nie die Kirche so 
stark ihre Sonderinteressen ausgeprägt, verteidigt und besondere Rechte 
erkämpft, wie unter Heinrichs IV. Regierung. 
Die Karolinger wie die sächsischen Kaiser hatten alle Kräfte ein¬ 
gesetzt, der Kirche zu dienen, das Christentum in Deutschland auszu¬ 
breiten; aber jetzt war die einst bedrängte christliche Kirche erstarkt und 
hatte sich zur Herrin über den Staat erhoben. Waren die Kloster 
einst nur Stätten christlicher Zucht und Sitte, Schulen der Kunst und 
Wissenschaft, jetzt hatten sie durch Schenkungen und Verleihungen 
Reichtümer angehäuft; die geistlichen Herren waren Fürsten geworden. 
Die Kirche hatte sich verweltlicht. 
Wohl standen ernste Männer auf, welche diesen Schaden der 
Kirche erkannten; sie meinten ihr und der Geistlichkeit neue Lebens¬ 
elemente durch eine strengere Klosterzucht zuzuführen. Hier sind be¬ 
sonders drei Mönchsorden zu nennen, deren guter Einfluß nicht zu ver¬ 
kennen ist: Die Cluniacenfer (910), gegründet von Abt 23emo in 
Burgund und die Cisterzienser (1098), von Robert zu Dijon in 
Frankreich gestiftet. Der Orden der Cisterzienser erhielt seine größte 
Bedeutung unter Bernhard von Clairveaux (f 1153), dessen Name in 
der Geschichte der Kreuzzüge unsterblich geworden ist; er gründete allein 
160 Klöster. 
Der dritte und strengste Orden war der durch den Erzbischof 
Brun von Köln (1084) gestiftete Orden der Karthäuser (zu Chartreux 
bei Grenoble), der in völliger Abgeschiedenheit von der Welt dieser 
wenig dienen konnte. Ueberhanpt wird die Abkehr von der Welt, 
die Abgeschlossenheit der Beschaulichkeit jetzt christliche Zeitrichtung des 
Klosterlebens. 
Mit der Zeit hatte die Auslegung der Hl. Schrift mancherlei 
Deutungen erfahren, die ihre Lauterkeit abschwächten und mehr per¬ 
sönlichen Interessen dienten. Heiligendienst, Bilder- und Reliquien¬ 
verehrung hatten der Werkgerechtigkeit Thor und Thür geöffnet und 
dem abergläubischen Wesen Vorschub geleistet.
	        
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