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Am 15. Juni legte Preußen ihnen die Wahl vor zwischen Ab¬
rüstung oder Krieg. Aber Hannovers blinder König ließ sich übel
raten; er hoffte sich mit Bayern und Oesterreich vereinen und Preußen
Widerstand leisten zu können. Der hessische Kurfürst saß trotzig auf
seinem Schlosse Wilhelmshöhe und meinte, der Preuße habe ihm gar
nichts zu melden, er könne in seinem Lande thun und lassen, was er
wolle. Preußens Reformvorschläge sollten ihn auch nicht kümmern.
Die hessischen Truppen zogen südwärts den Bayern entgegen. Die
Hannoveraner unter ihrem blinden König warteten, daß die Bayern
ihnen zu Hilfe nach Norden kommen sollten, oder vielleicht gelang es,
mit einem Heere von 18 000 Mann nach Süddeutschland zu ent¬
kommen.
Noch bevor der geplante Krieg Preußens gegen Oesterreich zum-.
Ausbruch kam, entschied sich das Geschick von Hannover und Kurhessen.
General Vogel von Falckenstein besetzte von Nordwesten her
Hannover und übernahm die Verwaltung des Landes, General
Bayer nahm Kassel und führte den Kurfürsten als Gefangenen nach
Stettin (17. und 18. Juni 1866). Da alle deutschen Fürsten auf¬
gefordert worden waren, sich an der Aktion zu beteiligen, hatte der
Herzog von Gotha Eisenach besetzt, das der König von Hannover an¬
fangs zu passieren gedachte. Nun zog letzterer zur Seite von Mühl¬
hausen nach Langensalza. Kurze Unterhandlungen mit den Preußen
blieben erfolglos, und diese griffen, 8000 Mann Landwehr, 20 000
Hannoveraner an (27. Juni). Keiner von beiden konnte sich eines¬
nennenswerten Sieges rühmen, obgleich König Georg selbst den
Waffenrock, den er in der Schlacht von Langensalza getragen hcitteA
in seinem „Welfenmuseum" gleich einer Siegestrophäe verewigen ließ.
Eins hatte Preußen erreicht, das hannoversche Heer war aufgehalten
worden, und das war in dem Augenblicke einem Siege gleich. Am
29. Juni sah sich der König zur Kapitulation genötigt. Sein Heer
wurde aufgelöst und in die Heimat entlassen; er selbst begab sich mit
dem Kronprinzen (Herzog von Cumberland) nach Wien.
Auch ganz Sachsen war binnen wenigen Tagen in den Händen
der Preußen (18. bis 20. Juni); doch war es dem sächsischen Heere
gelungen, nach Böhmen zu entkommen und sich dort mit den
Oesterreichern zu vereinigen. So hatte Preußen in kaum fünf Tagen
allen Widerstand von der Nordsee bis zum Main gebrochen und konnte
seine Streitkräfte gegen Süddeutschland, gegen Oesterreich richten.