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Ehrentitel „Beschützer des Glaubens" erhielt. (Er hatte in einer
Schrift die sieben Sakramente der katholischen Kirche verteidigt.) Als
er aber seine erste Gemahlin verstieß und der Papst die Ehe nicht
auflösen wollte, ließ er sich vom Parlament zum Oberhaupt der Kirche
in England ernennen und sagte sich vom Papste los. Mit Feuer und
Schwert wütete er nun gegen Andersgläubige; Katholiken, Lutheraner
und Reformierte wurden als Ketzer verdammt. Nicht minder schändlich
verfuhr er gegen seine Frauen. Er hat deren sechs gehabt; zwei ver¬
stieß er, zwei ließ er hinrichten, eine ist vor ihm gestorben. Nach
seinem Tode kam sein neunjähriger Sohn Eduard VI. aus den Thron.
Unter ihm wurde durch den Erzbischof Eranmer die Reformation in
England eingeführt. Leider starb der junge König schon nach sechs¬
jähriger Regierung, und als nun seine Stiefschwester Maria (die
katholische), eine Tochter Heinrichs aus seiner ersten Ehe, zur Herrschaft
gelangte, erging eine blutige Verfolgung über alle Nichtkatholiken.
Hunderte von Protestanten mußten den Scheiterhaufen oder das
Schafott besteigen, unter ihnen der alte Erzbischof Eranmer und viele
hohe Geistliche. Kaum entging ihre Stiefschwester Elisabeth, die aus
Heinrichs zweiter Ehe stammte und protestantisch erzogen war, dem
Todesurteil. Zum Glück sür England regierte Maria nicht lange,
und ihre Nachfolgerin auf dem Throne war Elisabeth, die gleich im
ersten Jahre ihrer Regierung 1558 dem allgemeinen Verlangen des
Volkes gemäß die Reformation durchführte. Elisabeth war eine hoch¬
gebildete weise Fürstin, Englands größte Herrscherin. Leider besteckte
sie ihren Ruhm durch ihr Verhalten gegen Maria Stuart, Königin
von Schottland.
Maria Stuart war eine Enkelin der Schwester Heinrichs VIII.
Ihr Vater, König Jakob V., starb früh, und sie wurde von Ver¬
wandten am französischen Hose erzogen. Im Alter von 16 Jahren
vermählte sie sich mit dem Kronprinzen von Frankreich, nachmaligem
König Franz II. Schon nach achtzehnmonatlicher Ehe Witwe geworden,
kehrte sie nach Schottland zurück. Hier war während ihrer Abwesen¬
heit durch Johann Knox die Reformation eingeführt worden, die viele
Anhänger zählte. Maria wurde als Königin von allen Schotten
jubelnd begrüßt. Als sie aber zum zweiten Male sich vermählt hatte,
und dieser Gemahl nach zwei Jahren ermordet wurde, und sie nun
den mutmaßlichen Mörder heiratete, da geriet das ganze Volk in ge¬
waltige Empörung über solch Verhalten. Sie wurde des Thrones
für verlustig erklärt und eingekerkert. Aus dem Gefängnis entkommen,
floh sie nach England. Hier wurde sie aber auch gesangen gehalten,
weil man fürchtete, sie könne Ansprüche auf den englischen Thron er¬
heben. Denn da die Katholiken die Ehe Heinrichs VIII. mit der
Mutter Elisabeths nicht als eine gültige ansahen, so war in ihren
Augen Elisabeth nicht erbberechtigt, und demnach Maria Stuart die
rechtmäßige Thronerbin. Nach achtzehnjähriger Gefangenschaft wurde
Maria Stuart 1587 auf Befehl Elisabeths enthauptet.