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nünftig er auch war. Grey löste das Parlament auf, und das
neue nahm die Bill mit einer Mehrheit von 109 Stimmen an.
Nun mehrten sich die Reformvereine; sie drohten mit Waffen¬
gewalt, es kam zu Tumulten, Plündernngen und Brandlegungen.
Das Ministerium legte mit einigen Veränderungen die Bill von
Neuem vor. Sie ging im Unterhause durch, das Oberhaus ver¬
warf sie. Grey beantragte beim Könige einen Pairsschub; der
König weigerte sich (1832), Grey trat ab, und Wellington ward
Minister. Man verhöhnte ihn und den König auf der Straße,
Schotten erboten sich mit 70,000 Mann bewaffnet für die Reform
anzurücken. Wellington trat nach einigen Monaten ab und Grey
setzte nun die Reform durch.
In Betreff der Gleichstellung der Iren mit den Engländern
ging Grey nicht weit genug, daher ward Melbourne sein Nach¬
folger. Man schaffte 10 Bisthümer und evangelische Pfarren ab, die
ohne Besucher waren, und wollte die Überschüsse aus diesen Gü¬
tern zum Besten der Schulen verwenden, aber die Tories verlangten
sie für die Staatskirche. Melbourne trat sein Amt an Peel ab,
dieser ward aber von Rüssels Partei überstimmt, und Melbourne
trat wieder ins Ministerium. Zur selben Zeit ward der Haudel
nach Ostindien jedem englischen Schiffe freigegeben, das Privi¬
legium der Bank beschränkt, die Sclaverei in den westindischen
Znseln abgeschafft.
Wilhelm IV. starb (1837); ihm folgte seine sechzehnjährige
Nichte Victoria, die Tochter des Herzogs von Kent, amtet' welcher
die Whigs noch manche Reformen durchführten.
Die germanischen Staaten Nordenropa's (1815—44).
Seit es mit dem deutschen Reiche unter den katholischen
Habsburgern abwärts ging, wußten die evangelischen nieder¬
deutschen Stämme nicht recht, zu wem sie sich hatten sollten.
Holland war als erste Seemacht seiner Zeit der Hauptwall gegen
die Eroberungsgelüste der Bourbonen, aber das Bändchen war zu
klein, und England verdrängte es aus der Seeherrschaft; noch
weniger konnte Schweden Stütze des germanischen Wesens wer¬
den, und in England besitzt der normannisch-französische Adel
wenig Verständniß für das germanische freie Gemeindeleben. Bei
der Schwäche des habsburgischen Kaiserreichs gingen deutsche
Marken an Schweden, Dänemark und Holland verloren, und die
belgischen Koburger verleugneten rundweg ihr Volksthum, mach¬
ten die Vlamlander rechtlos und gebrauchten ihre Neutralität gar