— 59 -
noch 1871 zu Gunsten der vielgeliebten Franzosen. Es war
Preußen vorbehalten, die Schweden aus Deutschland zu ver¬
drängen, Schleswig-Holstein zu retten vor der Entdeutschung, und
Luxemburg-Limburg werden sich nicht schämen einer Großmacht
anzugehören. Prinz Bernadotte hatte 1813 und 1814 alles Mögliche
gethan, die Preußen am Siegen zu hindern ; zum Glück stand
ihm der Kernmann Blücher wachsam zur Seite, trotzdem erhielt
er für seine rühmlose Theilnahme Norwegen geschenkt, welches
sich aber gegen den käuflichen armen Adel Schwedens sicher stellte,
der oft genug Königsmord beging, indem es eine selbständige Ver¬
fassung und Verwaltung erzwang.
Norwegen und Schweden ist ein Gebirgs- und Waldland,
wo sich viel Urgermanisches erhalten hat, namentlich das freie
Bauernthum. Das waldarme Flachland Dänemark ward streng
bureaukratisch regiert, weshalb seine Könige dem absolutistischen
Frankreich anhingen und bis in die neuste Zeit Schleswig-Holstein
gewaltthätig behandelten. Friedrich VI. mußte (1814) Norwegen
an Schweden und Schwedisch-Pommern gegen Lauenburg an
Preußen abtreten, erhielt eine Schuldenlast, traf aber viel freisinnige,
nützliche Einrichtungen, daß das Volk sich wohl fühlen konnte,
weshalb revolutionäre Umtriebe keinen Boden fanden. Nur
Schleswig-Holstein fühlte sich gedrückt, weil man die beiden Pro¬
vinzen trennen wollte, obschon sie zum deutschen Bunde gehörten.
Diese Zwitterstellung brachte überall Störung. Die Ritterschaft
widersetzte sich der Regierung, um ihre alten Vorrechte zu be¬
wahren. Es gab viele Streitigkeiten über die gegenseitigen Rechte,
bis die Ritterschaft eine Beschwerde beim deutschen Bunde ein¬
reichte, aber natürlich abgewiesen ward (1823), um die Autorität
des Königs zu retten. Im Grunde handelte es sich aber um das
Recht der deutschen Nationalität, was Dahlmann in seiner Denk¬
schrift nur angedeutet hatte, und die Ritterschaft wurde nun Ver¬
treterin des Deutschthums, von welchem Metternich ebenso wenig
wissen wollte als Beust, der Referent am Bundestage. Der Bun¬
destag verlangte, daß alle gedruckten Eingaben an ihn vorher von
der Censur sollten gebilligt sein.
Da unternahm es Jens Lornsen (1830), ein Nordfriese von
der Insel Sylt, deutschen Geist zu wecken, denn er war zu Jena
und Kiel begeistert von dem Erwachen deutschen nationalen Lebens.
Nachdem er 10 Jahre in Kopenhagen als Unterbeamter gelebt
hatte, kehrte er nach Kiel zurück, hörte von der Unzufriedenheit
im Lande, sammelte Gesinnungsgenossen uud setzte eine Bittschrift
um Verleihung von Provinzialständen in Umlauf. Diese fand
zahlreiche Unterschriften, aber die Magistrate wagten dieselbe nicht
abzusenden, und die Regierung ließ Lornsen verhaften und in
Rendsburg gefangen setzen. Nachdem er seine Strafe überstanden