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14. Öffentliche Bitten um Linderung der Not nach derSchlacht.
Aus der Menge dieser Notschreie stehen hier nur deren vier:
„Bitte an das wohlthätige Publikum. Der 16te dieses Monats
war der Schreckenstag, an welchem auch uns unsere ganze Habe geraubt wurde,
indem der Angriff bey der Bataille aus das Schenkgnth gerichtet war, so daß wir
auch nicht einmal die notdürftigsten Kleidungsstücke, noch weniger aber die aller-
nöthigsten Lebensrnittel mehr besitzen. Aller Mittel beraubt für den bevorstehenden
nahen Winter unser Leben zu fristen, sehen wir uns genöthigt, wohlthätige Menschen¬
freunde, deren es doch noch viele giebt, um gütige Unterstützung hierdurch anzuflehen,
mit der Bitte, ihre Beyträge an den Kaufmann Hrn. Hauch auf der Hallischen
Gasse in Leipzig gefälligst gelangen zu lassen, welcher zu seiner Zeit dankbare
Rechenschaft darüber ablegen wird.
Breyhahnschenke zu Möckern bey Leipzig, den 26. Oct.
Johann Gottlieb Kranz, für mich und im Namen meiner Familie."
„Bitte an die Herren Pachter und (SchenkWirthe, auch andere
Menschenfreunde. Auch ich ward ein Opfer des verheerenden Krieges. Der
vergangene 19te d. M. war der unglückliche Tag, an welchem ich gegen Abend nach
6 Uhr alles dergestalt verlor, daß mir und den Meinigen auch nicht das geringste,
nicht einmal das Hemd auf dem Leibe übrig geblieben ist. Ich mußte noch an den
Abend ohne Hemde auf dem Leibe mit meiner Familie Paunsdorf verlassen, um
nur irgend eine Nacht wenigstens sicher zu seyn. Jetzt bin ich bey meinem Alter
mit den Meinigen von allem und jedem, Brod, Wäsche, Betten und Kleidung ent-
blöst, und weis keinen Tag mir und den Meinigen das Leben zu fristen. Genoth-
drungen wage ich es, Sie, meine verehrungswürdigen Herren! um eine milde
Unterstützung bey meinem Elend flehenblichst zu bitten. Die aus gutem Herzen
mir zufließen sollenden Wohlthaten wird der Schuhmacher Schulze in Leipzig, im
Königl. Posthause wohnhaft, willig annehmen und treulich an mich überliefern.
Paunsdorf bey Leipzig, am 22. Oct. 1813.
Johann Gottlob Kühnel, Pachter in Paunsdorf."
„Bitte. Unter diejenigen Orte, welche durch die neuesten Kriegsereignisse
verheeret worden sind, gehöret gewiß auch das arme Städtchen Markranstädt, indem
die hiesigen immer noch mit Einquartierung gedrückten Einwohner ihr Vieh, Getreide,
Bekleidung, Feuerung, Geräthe und überhaupt die nothwendigsten Bedürfnisse ver¬
loren haben, selbst auch viel Gebäude ruiniret worden sind. Herzerschütternd ist
der Anblick, welchen das hiesige verwüstete Städtchen und dessen tiefgebeugte Be¬
wohner, deren viele ihre Wohnungen verlassen müssen und ohne Unterhalt herumirren,
gewähren. Zwar scheint der große Nothstand allgemein zu sein, demungeachtet aber
dürften sich vielleicht noch gute Menschen finden, die wenigstens nicht so viele
Drangsale erlitten haben und noch Wohlthaten zu erweisen im Stande sind. An
diese wagen wir daher die dringendste Bitte, hiesige so ganz verarmte Bewohner nach
Kräften mit beliebigen Bedürfnissen gütigst zu unterstützen Segnend wird für Sie,
Theuerste Wohlthäter! die Belohnung des Allerhöchsten und der inbrünstige Dank
der Erquickten seyn. Sign. Markranstädt,
am 4. Noo. 1813.
Der Rath allda. Johann Christoph Wilhelm, Bürgermeister."