Object: Lehrbuch der allgemeinen Geographie

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Wechslung und reichste Mannigfaltigkeit und bringt Alles hervor, waS die Be¬ 
wohner zu ihrer Erhaltung bedürfen. Freilich gibt es auch arme Landstriche, 
z. B. die Höhen des Westerwaldes, des Odenwaldes, der Rhön, der hohen 
Veen, die Moose auf der baierischen Hochebene, die Geest-Felder der nordischen 
Tiefebene und einzelne Strecken der Lüneburger Haide; allein im Ganzen 
verschwinden diese Einzelheiten gegen die fruchtbaren Gefilde Badens und 
Württembergs, Baierns und der Rheinpfalz, Mecklenburgs und der Wetterau, 
der Marchebene und dem Marschlande der norddeutschen Tiefebene. 
Schon oben (§ 41) haben wir die wichtigsten Naturerzeugnisse 
der verschiedenen deutschen Gauen kurz erwähnt. Wir wollen Genaueres 
hier nachtragen. Der Getreidebau ist ansehnlich genug, um dem Be¬ 
dürfniß zu genügen, vorausgesetzt, daß die einzelnen bessern Distrikte den rau¬ 
heren, unfruchtbaren aushelfen; bei mittelmäßigen Ernten aber muß aus 
Rußland und Amerika Getreide eingeführt werden. Die allgemein verbrei¬ 
teten Kartoffeln gedeihen seit einer Reihe von Jahren nicht mehr so 
gut wie früher, und haben in allen Viktualien höhere Preise hervorgerufen. 
Dagegen wachsen alle Küchengewächse, Hülsenfrüchte, Obstsor¬ 
ten, Weintrauben in Menge. Der Weinstock gedeiht bis zum 51? 
N. B. Ausgezeichnete Weine werden gezogen im badischen Oberlande (Mark¬ 
gräfler, Affenthaler), am Neckar, in der baierischen Rheinpfalz, im Rheingau, 
an der Mosel, am Main und an der fränkischen Saale. Tabak wird 
vorzugweise am Main und in der Pfalz gebaut und int In- und Auslande 
verbraucht. Flachs, Oel aus Hanf- und Flachssamen, Reps und Mohn, 
ferner Hopfen in Baiern („Spalter Stadtgut") und Böhmen gewinnt 
man zur Genüge. Obwohl es noch an vielen Orten große und reichhaltige 
Waldungen gibt, so verspürt man doch hier und dort Mangel an Brenn¬ 
holz. Ter Bergbau, 80 Salinen, die Dampfmaschinen, die Flöße, welche 
vorzugsweise nach Holland gehen, haben bei einer mehr oder minder vor- 
theilhaften Durchforstung der Wälder die letzteren arg gelichtet. Zum Glücke 
hat die weise Mutter aller Menschen, die Natur, in ihrem Schoße durch 
reichhaltige Torf-, Braun- und Steinkohlenlager diesem Mangel vorerst noch 
abgeholfen, und die Kreuz- und Querbahnen der Schienenwege befördern in 
Verbindung mit der Schifffahrt das neue Brennmaterial in holzarme Ge¬ 
genden. *) 
Ten Reichthum an Mineralien und Gesundbrunnen haben 
wir ebenfalls schon oben (§ 41) berührt; es bleibt uns demnach noch zu 
erwähnen übrig, wie es in den deutschen Ländern mit der Viehzucht be¬ 
stellt sei. Das Wild, woran die Wälder vormals zum Nachtheil der 
Landbewohner so überaus reich waren, ist, wie der Wald, sehr stark 
gelichtet. Dagegen hat sich die nützlichere Schaf-, Rindvieh-, Pferde-, 
Schweine- und Bienenzucht sehr vermehrt und verbessert. Viele Pferde wer- 
*) Torf findet sich vorzugsweise in den Mooren des norddeutschen Tieflandes, 
in den Mooren von Oberbaiern, auf der hohen Veen re.; Braunkohlen in Thü¬ 
ringen, Sachsen, Böhmen, Hessen; Steinkohlen an der Ruhr, an der Saar, in 
Schlesien, Sachsen und Böhmen. — Geestland nennt man das trockene, Marsch¬ 
land das wohlbewässerte, Moorland das sumpfige, torfreiche Land.
	        
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