Full text: Griechisches Denken und Fühlen (H. 7)

I. Gesamtcharakter. 
A. Barbaren un-^hellenen. 
HippoTcrates: Über clasKlima 16. was die Unbeherztheit und Unmänn¬ 
lichkeit der Asiaten betrifft, daß sie unkriegerischer und milder in ihren 
Sitten als die (Europäer sind, so ist daran das Klima schuld, das keinen 
schroffen Übergang zu Hitze oder Kälte kennt, sondern gleichmäßig tem¬ 
periert ist. (Es kommt zu keinen heftigen seelischen (Erschütterungen und 
zu keiner gewaltsamen Veränderung der körperlichen Verfassung, worin 
bekanntlich jähe Hitze und Veranlagung zu Schroffheit und Leidenschaft¬ 
lichkeit ihren Ursprung hat. Denn die plötzlichen Umschläge sind es, 
die beim Menschen zur Konzentration der geistigen Kräfte führen und 
ein friedliches Dahinleben unmöglich machen. Bus diesen Gründen er¬ 
klärt sich wohl die (Energielosigkeit der asiatischen Rasse - und außerdem 
aus ihrer Verfassung; denn Asien steht zum größten Teil unter könig¬ 
lichem Regiment. U)er aber das Recht der Selbstbestimmung und die 
Selbständigkeit nicht kennt, sondern einem Herrn untertan ist, verfolgt 
nicht das Ziel, sich kriegerisch zu bewähren, sondern kampfuntauglich zu 
erscheinen; so ist das Risiko geringer. Denn jene müssen ins Feld und für 
ihre Herren ihre haut zu Markte tragen und womöglich — der Not ge¬ 
horchend — fern von tDeib und Kind und allem, was ihnen lieb und 
wert ist, fallen. All ihr tüchtiges, männliches Blühen kommt nur dem 
Gedeihen und der Machterweiterung ihrer Herren zugute, persönlich 
haben sie davon nur Not und Tod. Außerdem wirkt ihre Trägheit zum 
Kriege so lähmend auf ihr Temperament, daß auch der von Natur Tap¬ 
fere und Beherzte unter dem Druck der Daseinsgewohnheiten ein an¬ 
derer wird. (Ein schlagender Beweis: die nicht absolutistisch regierten 
Griechen und Nichtgriechen in Asien, die selbständig sind und selbst ihrer 
Mühen Lohn ernten, sind die streitbarsten von allen; denn für das eigene 
Wohl und wehe trotzen sie den Gefahren; sie sind es, die von ihrer Tap¬ 
ferkeit den Lohn, für ihre Feigheit die Strafe ernten. — <24. So fteht’s 
im allgemeinen mit (Europa und Asien. Doch gibt es auch in (Europa 
Stämme, die nach Größe, Gestalt und Tapferkeit voneinander verschie¬ 
den sind; was aber die Unterschiede ausmacht, ist dasselbe wie das, was 
ich vorhin erwähnt habe. Ich will es noch genauer auseinandersetzen. 
Die Bewohner eines rauhen, hohen, wasserreichen Berglandes, in dem 
sich der Wechsel der Jahreszeiten jäh bemerkbar macht, sind große Ge¬ 
stalten, wetterfest und männlich, und solche Naturen haben etwas wil¬ 
des, ja Bestialisches.1 Die Bewohner wiesenreicher, dunstiger Talland¬ 
schaften, die mehr warmen als kalten winden ausgesetzt sind, sind nicht 
1 Thessalien.
	        
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