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III. Die Habsburgische Weltmacht und Frankreich.
Deutscher im Gegensatz zu dem Welschen Franz. Auch fürchteten
die Fürsten, der französische König werde versuchen, ihre „teutsche
Libertät" in die „viehische Servitut" der französischen Vasallen zu
verwandeln, d. H. auf seine eigene Macht gestützt, ihrer reichsständischen
Anabhängigkeit ein Ende machen. So ging Karl aus der Wahl als
Sieger hervor, nunmehr der mächtigste Fürst der Christenheit, „in
dessen Reich die Sonne nicht unterging".
Mit dieser Kaiserwahl, die man mit großer Begeisterung be¬
grüßte, begannen die Einmischungen fremder Mächte in die Angelegen¬
heiten unseres Vaterlandes, die jahrhundertelang so schweren Druck
und so furchtbares Anheil über unser Volk gebracht haben. Das
Fehlen einer starken nationalen Gewalt hat sich aufs
schwerste gerächt.
Der Forderung einer durchgreifenden Reichsreform stand
Karl genau so gegenüber wie sein Großvater. Alle Entwürfe be¬
urteilte auch er lediglich nach dem Gesichtspunkte, ob sie geeignet seien,
die Macht des Äauses Äabsburg zu stärken; denn die Kaiserkrone war
ihm nur ein Mittel, die Kräfte des Reiches seiner Äauspolitik dienst¬
bar zu machen. Er war daher zu Zugeständnissen an die Reichs¬
stände bereit, wenn sie ihm Truppen und Geld für seine auswärtigen
Kämpfe bewilligten. Auf diese Weise erreichte man von ihm die
vorübergehende Einsetzung des ständischen Reichsregiments, das
während seiner Abwesenheit die Regierung führen sollte.
Nach dem Fehlschlag seiner Bewerbung um die Kaiserkrone
suchte Franz I. mit Gewalt den Äabsburgern entgegenzutreten.
Mit der mittelalterlichen Überlieferung von der Gemeinsamkeit der
christlichen Interessen den Angläubigen gegenüber brach er derart, daß
er gelegentlich ein Bündnis mit dem Sultan schloß und ihn zu An¬
griffen auf Angarn bestimmte; seine Schweizer Söldner maßen
sich in Oberitalien und an der niederländischen Grenze mit den
deutschen Landsknechten. 1525 erlitt er bei Pavia eine schwere
Niederlage und geriet sogar selbst in Gefangenschaft. Mit Stolz
sangen die „frumben" Landsknechte von diesem glänzenden Erfolge
ihrer Tapferkeit und der Feldherrnkunst ihres geliebten Führers Georg
von Frundsberg. Franz mußte seine Freilassung durch bedeutende
Landabtretungen erkaufen und einen ewigen Frieden geloben.
Karl hatte einen glänzenden Erfolg errungen; er besaß jetzt die
Vormachtstellung in Europa und bezeichnete sich in der Friedens¬
urkunde als das Äaupt der weltlichen Fürsten der Christenheit. So¬
fort aber sagten sich der Papst und England, die bisher mit ihm
verbündet gewesen waren, von ihm los und schlossen sich an den be¬
siegten Franz an, um das durch Karl gefährdete europäische Gleich-