Full text: Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2 = Klasse 3)

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II. Unter den Nachfolgern des Augustus. 
streben, die Lage der Bevölkerung überall persönlich kennen zu lernen, 
führte ihn auf Reisen in fast alle Provinzen des Reiches, auch nach 
Germanien. Seine Mußestunden verbrachte er gern in der einige 
Meilen von Rom entfernt liegenden „Villa des Äadrian", in Tivoli; 
dazu gehörten Tempel, Theater, Bäder, fallen mit Prachtsälen und 
kostbaren Kunstwerken, wovon noch ertragreiche Ausgrabungen zeugen. 
Dort umgab er sich mit Künstlern und Gelehrten. Auch Marc 
Aurel gehört zu den besten Kaisern. In seinen „Selbstbetrachtungen" 
erweist er sich als ernster, sittenstrenger Mann von unvergänglichen 
Gedanken. Die Tugend erschien ihm als höchstes Gut und reinstes 
Glück, äußere Ehren und Besitztümer wertete er nicht hoch. Er war 
der „Philosoph auf dem Throne"; man kann ihn zur „stoischen" Schule 
rechnen. 
Schon um die Mitte des zweiten Jahrhunderts hatte das Reich 
einen schweren Ansturm der Germanen auszuhalten. An der unteren 
Donau und am Mittelrhein mußten zahlreiche Scharen der „blonden 
Barbaren" in die Grenzprovinzen ausgenommen werden. Sie erhielten 
Land und Übernahmen dafür den Grenzschutz. Auch die an den 
Grenzen liegenden Legionen füllten zahlreiche nichtrömische Miets¬ 
truppen. In der Land ehrgeiziger Führer wurden diese bunt zusammen¬ 
gewürfelten Äaufen etwa zwei Jahrhunderte lang schlagfertige Werk¬ 
zeuge zur Ab- und Einsetzung von Kaisern. Daher redet die 
Geschichte von den „Soldatenkaisern" des dritten Jahrhunderts, 
die Spielbälle in der Äand der Legionen waren, schnell wechselten 
und meist ermordet wurden. — In der langen Reihe dieser meistens 
rohen und prunksüchtigen Kaiser, deren Denkmäler die riesenhaften 
Thermen sind, kommt Diokletian und Konstantin eine besondere 
Bedeutung zu. Sie regierten am Ende des dritten und am Anfang 
des vierten Jahrhunderts und beseitigten endgültig die Überreste 
republikanischer Formen, die bisher immer noch bestanden hatten. Die 
unumschränkte Alleinherrschaft mit besoldetem Beamtentum unter 
völliger Ausschaltung des Senates wurde jetzt auch rechtlich durch¬ 
geführt. Nun kam den Kaisern auch gesteigerte religiöse Verehrung zu. 
Um den Ertrag der allgemeinen Reichssteuer zu erhöhen, hatte man 
schon seit einiger Zeit allen Freigeborenen das römische Bürgerrecht1) 
verliehen. So strömten den Kaisern unermeßliche Mittel zu. Sie 
umgaben sich nach orientalischem Muster mit einem großartigen Äof- 
J) Freilich waren damit politische Rechte nicht mehr verbunden. Aus¬ 
gedehntere Flächenstaaten konnten im Altertum nur in der Form von Despotien 
bestehen, da man eine Ausübung staatsbürgerlicher Rechte durch Vertreter, das 
Repräsentativsystem, noch nicht kannte.
	        
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