Full text: Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2 = Klasse 3)

184 VII. Königtum und Parlament in England. 
von einer Gesamtorganisation der Kirche wollten diese „Independenten" 
überhaupt nichts wissen, sondern sie traten für die unbedingte Selbst¬ 
ständigkeit der Einzelgemeinde ein, die nach der Schrift durch Älteste 
ihre Angelegenheiten allein zu verwalten habe; sie forderten sogar die 
Zulassung der Predigt und Sakramentsverwaltung durch Laien. Die 
einzelnen Gemeinden sollten auch über die zulässige Lehre entscheiden; 
und von hier aus ergab sich die Forderung der Duldung für jeden 
auf Grund der Heiligen Schrift angenommenen religiösen Standpunkt 
einer Gemeinde. Das ging der Parlamentsmehrheit viel zu weit, und 
sie suchte wieder mit dem König anzuknüpfen, um Cromwell gegen¬ 
über eine Stütze zu gewinnen. Aber Cromwell, der das Leer un¬ 
bedingt in der Land hatte, beherrschte die Lage und schloß seine 
Gegner vom Parlament aus. Der Rest, das Rumpfparlament, war 
nun vollständig sein Werkzeug, und unter seinem Einflüsse wurde 
gegen den König Anklage wegen Hochverrats erhoben. Die Ver¬ 
tretung des souveränen Volkes erklärte sich für berechtigt, über den 
König zu Gericht zu sitzen, und lieferte ihn im Jahre 1649 dem Beile 
des Lenkers aus. 
Der Absolutismus, den die Stuarts nach festländischem Vorbild 
in England begründen wollten, war damit endgültig unterlegen. 
Einzelne Erhebungen zugunsten des Königshauses wurden von 
Cromwell mit fester Äand niedergeworfen. Eine Gesamtverfassung 
der Landeskirche führte man nicht ein; man überließ es den Gemeinden, 
sich nach Belieben einer der kirchlichen Gemeinschaften anzuschließen. 
Nur schwärmerische Richtungen, die bei den allgemeinen Anruhen sich 
gebildet hatten und nach sozialer Amwälzung strebten, wurden mit 
aller Strenge unterdrückt. 
Dem Namen nach war England jetzt Republik unter der Leitung 
des Parlaments; in Wirklichkeit herrschte Cromwell, den das Äeer 
zum Lord Protektor erhob. Er vermochte auch durchzusetzen, 
was dem König nicht gelungen war: ausreichende Bewilligungen für 
Äeer und Flotte. Denn er besaß das Vertrauen der Nation, daß 
er die gewährten Mittel zum allgemeinen Besten verwenden werde. 
Während England durch die inneren Kämpfe in Anspruch ge¬ 
nommen war, hatten die Niederländer fast den ganzen europäischen 
Seehandel an sich gebracht, und ihr Wettbewerb beeinträchtigte die 
englischen Kaufleute und Schiffer aufs empfindlichste. Ihnen gegen¬ 
über erließ Cromwell die Navigations-Akte, ein Gesetz, das 
fremden Seefahrern nur Erzeugnisse ihres Heimatlandes nach Eng¬ 
land einzuführen gestattete. Zn einem Seekriege mit den Nieder¬ 
ländern behauptete er Englands Überlegenheit und brachte auch Spanien 
gegenüber Englands Seegeltung wieder auf die Äöhe, wie sie
	        
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