Full text: Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule

Preußens Mahnungen an die Nachbarstaaten. 535 
der drohenden Kriegsgefahr die alten Verhältnisse sich lösen 
sollten, einem auf solcher Grundlage neu zu errichtenden Bnnde 
beitreten wollten. — Mit der Auflösung des Bundes am 14. Juni trat 
an die einzelnen deutschen Staaten die Nothwendigkeit zu solcher Entschlie¬ 
ßung unmittelbar heran. 
Preußens Mahnungen an die Nachbarstaaten. Unter den Staa¬ 
ten, welche sich bei dem Bnndesbeschlusse vom 14. Juni gegen Preußen 
erklärt hatten, befanden sich auch die nächsten Nachbarn, — Sachsen, 
welches von vorn herein feindselig gegen Preußen ausgetreten war, ferner 
H a n n o v e r und K n r h e s s e n, die beiden Staaten, welche zwischen den öst- 
hchen und westlichen Provinzen Preußens mitten inne lagen. Angesichts der 
drohenden Gefahren konnte die preußische Regierung eine offene oder ver¬ 
steckte Feindschaft in jenen Nachbarstaaten nicht dulden, wenn Preußen nicht, 
während es sich gegen Oesterreich zur Wehr setzte, einem Angriffe im Rücken 
ausgesetzt sein sollte. Schon seit dem Monat März hatte Oesterreich beson¬ 
ders Hannover und Kurhessen für den Fall des Bruches mit Preußen zur 
Parteinahme gegen dasselbe zu bewegen gesucht. Die preußische Regierung 
hatte ihrerseits nur eine entschiedene Neutralität von ihren Nachbarn verlangt, 
und eine Zeit lang schien es, als werde sie darauf rechnen können. Aber je 
mehr Preußen mit der Absicht hervortrat, eine durchgreifende Reform der 
deutschen Bundesverhältnisse herbeizuführen, desto mehr wurde bei dem König 
Georg V., welcher von der Stellung und dem Berufe seines Fürstenhauses 
und des Hannoverschen Staates einen übermäßigen Begriff hatte, die Be- 
sorgniß lebendig, daß die vermeintliche Selbstständigkeit Hannovers durch die 
preußische Politik beeinträchtigt werden könne. Während er angeblich noch 
an der Politik der Neutralität festhielt, gewannen doch die Freunde Oester¬ 
reichs an seinem Hofe die Oberhand und bewogen ihn, die hannoverschen 
Truppen allmälig auf den Kriegsfuß zu setzen, um sodann im entscheiden¬ 
den Augenblicke zu Oesterreich zu stehen. In Wien aber wurde der Plan 
entworfen, die österreichischen Truppen, die damals noch in Holstein stan¬ 
den, beim Ausbruche des Krieges mit den Hannoveranern und mit einem 
Holsteinischen Bundescorps zu vereinigen, ein festes Lager in Stade zu er¬ 
richten, die Besatzung von Mainz mit heranzuziehen und so eine Armee von 
40 bis 50,000 Mann im Rücken Preußens zu bilden. Die Erklärungen der 
Hannoverschen Regierung wurden immer unklarer; soviel aber ging aus Allem 
hervor, daß Hannover gerüstet sein wollte, um eintretenden Falls den Be¬ 
schlüssen des Bundes Folge zu geben. Wiederholt wies Preußen darauf hm, 
daß eine bewaffnete Neutralität bei der geographischen Lage Hannovers 
eine Bedrohung für Preußen sei. Wenn Preußen auch bei denjenigen Re¬ 
gierungen, welche seine natürlichen Bundesgenossen sein mußten, einer feind¬ 
seligen Richtung begegne, so müsse jede andere Rücksicht dem Bedürfnisse der 
Selbsterhaltung weichen; der König werde alsdann nur noch Pflichten gegen 
sein Land anerkennen und selbst die Rücksicht auf einen ihm so nahe stehenden 
Fürsten, wie der König von Hannover, werde dagegen zurücktreten. Noch¬ 
mals wurde der Abschluß eines Vertrages über Bewahrung der Neutralität 
dringend beantragt. Zuerst schien es, als sollten jetzt die gemäßigten Staats¬ 
männer von Hannover die Oberhand gewinnen, — König Georg erklärte sich
	        
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