Mittelalter und Neuzeit: von den Anfängen bis zum Humanismus 17
B. Der Patriotismus im INittelalter und in der Neuzeit.
3ur Einführung.
£7. D. Sybel, Die Begründung des Deutschen Reiches (1889) 1,1: 3n
den ältesten Zeiten erscheint bei den Deutschen feine Spur eines nationalen Be¬
wußtseins. ... Festen Bestand haben nur die engsten verbände, das Geschlecht, die
Gemeinde, das Gefolge, wo im täglichen Zusammenleben das gemeinsame Inter¬
esse, die Gemeinschaft des Bluts und des Geschicks sich ununterbrochen der sinn¬
lichen Wahrnehmung aufdrängt. (Es sind starke, eigenwillige Naturen, die nur
mit Ihresgleichen sich vertragen und sich von der kleinsten Verschiedenheit ebenso
abgestoßen suhlen wie von der größten. Halten sie einmal in Masse zusammen,
so sind sie jedem Widersacher überlegen, aber wie Tacitus haben alle späteren
Gegner von ihnen sagen sönnen: ein Glück, daß sie stets untereinader hadern.
So sind sie partikularsten von Natur: das nationale Bewußtsein erscheint bei
ihnen erst als (Erzeugnis der fortschreitenden Bildung.
Die Namen.
Germanen: seit Cäsar üblich für die römische Welt der östlichen Nachbarn der
Kelten als eine von diesen verschiedene Volkseinheit; seit der karolingischen
Renaissance (3. B. bei Einhard) rein geographische Bezeichnung für die Be¬
wohner des rechtsrheinischen Landes ohne jede nationale Beziehung.
Deutsch: (ahd. diutisk von diot = Volk, also volkstümlich, wie schon Fichte
und Jahn wußten) zuerst 786 (theodisce) und 788 (theodisca lingua), nur
auf die Sprache bezogen im Gegensatz zur lateinischen oder (842 Straßburger
Eide) romanischen; seit Ende des 9. Jahrhunderts durch das klassische Teuto-
nicus 1 ersetzt. 961 zum erstenmal in dieser Form auf deutschem Boden zur
Bezeichnung des Volkes im Gegensatz zu den Slawen, 969 im Gegensatz zu
den Italienern, bei Ekkehard IV. von St. Gallen im Gegensatz zu den Ungarn,
an der Westgrenze bald üblich im Gegensatz zu den Franzosen; völlig geläufig
und befestigt innerhalb und außerhalb des Reiches feit den auch national tief
bewegten Zeiten Heinrichs IV. „Deutsches Vaterland" zuerst 1079 von
einem Legaten Heinrichs IV. gebraucht im Gegensatze zu Italien (sonst „patria“
stets = himmlisches Vaterland; ähnlich noch bei Hans Sachs).
I. von den Anfängen bis zum Humanismus.
a) frühes Mittelalter.
1. Das mythologische Bewußtsein der natürlichen (Einheit.
Tacitus, Germania, Kap. 2: Die Germanen feiern in uralten fiebern
... den erdgeborenen (Bott Tuisto und feinen Sohn ITTannus als Stammväter
und Gründer ihres Volkes. TTach den drei Söhnen, die sie dem ITTannus
geben, sollen die Anwohner des Gzeans 3ngänonen, die Völker in der Mitte
des Landes Herminonen und die übrigen 3ftäoonen heißen.
1 „Der Gleichklang und die unbestrittene Vorstellung, daß die alten Teutonen
auch Deutsche gewesen seien, genügte vollauf zur Rechtfertigung des Sprachge¬
brauches", Dove. Daher zur Zeit Jahns wieder „Teutsch".