8 Kiibed über Metternich. — (Österreich eine absolute Monarchie?
9. Freiherr v. Kiibed über Metternich.
Tagebücher des L. Fr. Freiherrn Kübed v. Kübau, her. r. feinem Sohne Max
Fr. v. K., Wien 1909, 2 Bde. I 2. S. 440.
Dasjenige, was der Verfasser * von den Talenten des Fürsten Metter¬
nich sagt, ist wahr und in Beziehung auf feine Wirksamkeit in den äußeren
Verhältnissen der Monarchie auch bewährt. Allein der Fürst kennt die
inneren Bedürfnisse der Monarchie nur aus feinen Salons, er kennt den
Mittelstand sehr wenig, das Volk gar nicht. Darum ist er feit 15 Jahren
der beharrliche und der einzig wirksame widerstand aller notwendigen
und zweckmäßigen Reformen, der Vertreter aller Mißbrauche und An¬
maßungen der haute societe, gewiß gegen feine Absicht der Schirmherr
aller Finsterlinge und Schalköpfe und die Grundursache der Zerstörung oder
besser des Verfalles unseres Verwaltungsgebäudes, der steigenden Unzu¬
friedenheit und der sichtbaren Trennung der heterogenen Bestandteile dieser
herrlichen Monarchie.
10. Österreich eine absolute Monarchie?
Kiibed, Tagebücher I 2 S. 378ff. (aus dem Jahre 1831).
3n Österreich, das sehr irrig für eine absolute Monarchie gehalten wird,
war die Aristokratie stets die vorherrschende Macht und ist es noch. Nun
ist keine Staatsform der absoluten Macht des Staatschefs oder der regie¬
renden Dynastie weniger geneigt als die aristokratische, fluch war, feit
die Habsburger und Lothringer diesen Staatenverein beherrschen, keinen
Augenblick ein bald mehr, bald weniger offener Kampf der Regenten mit
der Aristokratie unterbrochen, so scheinbar innig auch ihre Verbindung sich
darstellen mochte.
Die Täuschung von einer absoluten Macht der Monarchen beruht auf
dem Mangel der Öffentlichkeit des Widerstandes der Aristokratie gegen die
Regierung, der Verschiedenheit der formellen Wirksamkeit beider Kräfte, in
den verschiedenen Bestandteilen der Monarchie, und der freieren Äußerung
der Regierungskraft in einigen später durch (Eroberung mit der Monarchie
vereinigten Provinzen. Unter den verschiedenen von den Regenten ange¬
wandten Mitteln, die Macht der Aristokratie zu bekämpfen und zu schwächen,
war die Verwaltungsart durch Ratskollegien eines der wichtigeren. Die
Mitglieder dieser Kollegien waren aus der Mittelklasse, zum Teil aus den
untersten Ständen, ohne den Adel auszuschließen, nach Verdienst und In¬
telligenz gewählt. Die Präsidenten waren und find mit wenigen seltenen
Ausnahmen aus dem hohen Adel genommen. Sie hatten bis auf die neuere
Seit allen äußeren prunk der Macht und Herrlichkeit, in der Tat aber waren
sie an die Beschlüsse ihrer Kollegien gebunden. Die Räte, deren (Ernennung
und Existenz ganz von dem Regenten abhing, und deren anständige Frei¬
mütigkeit gegenüber dem Präsidenten zum Verdienst angerechnet wurde, ge*
1 D. H. der Verf. eines Aufsatzes über HI. im Rhein. Kurier v. 11. März 1831.