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Aber nach dem tobenden Gewitter — welebe Anmut erscheint
nicht in der ganzen Natur! Die finsteren Wolken zerteilen sich,
bestrahlt von einem glänzenden Lichte; eine lächelnde Heiterkeit,
die alles erfreut, breitet sich am ganzen Himmel aus; sein blaues
Gewand, von bunten Streifen durchwebt, bricht hinter dem zurück-
wallenden Vorhang hervor und spiegelt sieh wieder auf dem be—
ruhigten Gewässer. Flüchtige Schatten laufen über Thäler und
Hügel und Wiesen, von einem leichten Schimmer verfolgt; bald
liegt die Landschaft in einer sanften Dämmerung, bald erscheint
gie wieder in einem goldenen Lichte. VWie dort der schöne Bogen
gich über den Horizont ausspannt, wie seine malerischen Farben
in einem doppelten Abglanz spielen und in der klaren Flut der
See wiederscheinen! Das nahe Gebirge, das sein ehrwürdiges Haupt
in die Wolken streekt, nimmt eine ungewöhnliche Preundlichkeit
an, verjüngt von der hellen Pracht, mit der es der Bote des ver-
söbnten Himmels überstreut. Die gekühlten Lüfte tröpfeln noch
von einigen Regenstäubehen; die Gipfel der Berge und die er—
quickten Gefilde schimmern weit umher von der Nässe der Wolken;
die Gebüsche blitzgen im Sonnenschein von kleinen Sternchen und
regnen, von gaukelnden Westen bewegt, von neuem den zu schweren
Reichtum der Tropfen herab. Das Gras, die Blumen, die in einer
traurigen Mattigkeit zu verwelken schienen, die ganze Natur fühlt
die woblthätige Erfrischung; alle Gewächse heben sich wieder empor,
und das Grün der Pelder prangt in einem belleren Schmuck. Die
WVaãlder erneuern ihre Freude, Scharen von Schwalben schwärmen
wieder in fröblichem Fluge umher, die Herden schütteln die triefende
Wolle und blöken vor Wollust, tausend kleine Stimmen schwirren
in den Wiesen. Der Wanderer verläßt segnend die schützende
8tätte und setzt munterer seine Reise wieder fort; der Landmann
eilt erfrischt wieder zu seiner Arbeit: alles froblockt über die Lust
der Kühlung, und alle Kräuter gieben Reichtümer von süßen Ge-
rüchen aus.
Hirschfeld.
31. Gotteslohn.
Ein reicher, unbarmherziger Mann hatte einen großen Ackerbau
und bestellte ihn wohl, ackerte tief, düngte reichlich, säete viel und hielt
einen starken Viehstand. Bei der jährlichen Berechnung der Ausgabe und
des Ertrages fand er aber immer Verlust statt Gewinn, und daß der
Same nicht geerntet und die Kosten verloren worden, sein Vieh mannig—
fach verdarb und seine Äcker und Wiesen sich ganz entkräftet und un—
fruchtbar befanden.
In seiner Nähe hatte ein armer Einsiedler nur ein kleines Feld,
nur eine magere Kuh, der er selbst das Gras an steilen Felsen und in