Full text: Das Zeitalter der Aufklärung (H. 66)

26 Einfluß der Aufklärung auf die katholische Kirche 
7. Friedrich Schiller.' 
Glaube niemand als deiner eigenen Vernunft. (Es gibt nichts heili¬ 
ges als die Wahrheit, was die Vernunft erkennt, ist die Wahrheit.... 
Meine Vernunft ist mir jetzt alles, meine einzige Gewährleistung für 
(Bott, Tugend, Unsterblichkeit— 
Ich war ein Gefangener. Du haft mich herausgeführt an den Tag. 
Das goldene Licht und die unermeßliche Freie haben meine Augen ent¬ 
zückt. vorher genügte mir an dem bescheidenen Ruhme, ein guter Sohn 
meines Hauses, ein Freund meiner Freunde, ein nützliches Glied der 
Gesellschaft zu heißen: du haft mich in einen Bürger des Univer¬ 
sums verwandelt Raphael schnitt alle Bande der Übereinkunft 
und der Meinung entzwei. 3ch fühlte mich ganz frei — denn die Ver¬ 
nunft, sagte mir Raphael, ist die einzige Monarchie in der 
Geisterwelt — ich trug meinen Kaiserthron in meinem Gehirne. Alle 
Dinge im Himmel und auf (Erden haben keinen Wert, keine Schätzung, 
als soviel ihnen meine Vernunft zugesteht. Die ganze Schöpfung ist 
mein, denn ich besitze eine unwiderstehliche Vollmacht, sie ganz zu ge¬ 
nießen 
IV. Einfluß der Aufklärung auf die katholische Kirche. 
Die Aushebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. (1775.) 
wir fanden in unseren Untersuchungen, daß in dieser Gesellschaft, 
welche gemeiniglich die Gesellschaft Jesu genannt wird, gleich bei ihrem 
Entstehen mannigfacher Same von Zwietracht und Eifersucht. . . . End¬ 
lich fehlte es nie an den wichtigsten Beschuldigungen, die man den Glie¬ 
dern dieser Gesellschaft machte, und welche den Frieden und die 
Ruhe in der Christenheit nicht wenig störten (Es ent¬ 
standen auch innerliche und äußerliche Uneinigkeiten, und es liefen häu¬ 
fige Klagen über ihre unersättliche Begierde nach irdischen Gütern 
ein. aus alledem sind sowohl die weltbekannten Unruhen, welche den 
apostolischen Stuhl in den tiefsten Kummer und Verdruß stürzten, als 
auch die wider die Gesellschaft von einigen Fürsten gefaßten Entschlie¬ 
ßungen entstanden. . .. 
So heben wir aus diesen wichtigen Beweggründen und aus anderen 
Ursachen ... mit reifer Überlegung, aus gewisser Wissenschaft und aus 
der Fülle der apostolischen Macht erwähnte Gesellschaft auf, unter¬ 
drücken sie, löschen sie aus, schaffen sie ab und heben auf alle und jede 
Ämter, Bedienungen und Verwaltungen, ihre Häuser, Schulen. . . . 
1 Philosophische Briefe. „Julius an Raphael." Erschienen 1786 im 3. heft 
Thalia. 
- S. (Braeber, Der Jesuitenorden. Klein, Barmett 1888, S. 54f.
	        
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