Full text: Die sittlich-geistige Wiedergeburt zu Anfang des 19. Jahrhunderts (H. 93)

Friedrich Perthes 21 
9. Äußerungen des Hamburger Buchhändlers 
Zriedrich Perthes? 
S. 159—161: Diesem dämonischen Menschen2 glaubte Perthes die 
Welt von Gott dahingegeben, aber nicht, damit sie sich ihm füge, son¬ 
dern damit an der peinigenden Kraft des Böfen die erstorbene Kraft 
des Guten, wenn auch unter den entsetzlichsten wehen, von neuem 
geboren werde, was da war, äußerte er, ist ruiniert; welcher neue 
Bau sich auf den Trümmern erheben wird, weiß ich nicht, aber das Ent¬ 
setzlichste von allem wäre, wenn nach dieser Zeit des Schreckens die 
alte matte Zeit mit ihren zerbrochenen Formen wiederkehren sollte. 
Zu einer neuen Ordnung will Gott uns auf praktischen Not- und 
flngstroegen führen, rückwärts läßt sich das Stück nicht spielen, also 
vorwärts! Ls falle, was nicht stehen kann! Diesen Weltbegeben¬ 
heiten wird nichts entgehen, und es ist ein Trost, zu sehen, daß die 
Begebenheiten größer werden als die, welche sie herbeiführten. Die 
Schauspieler in dem großen Stücke werden selbst zur Rotte, und hinter 
den Kulissen steht der große unsichtbare Theatermeister und ist Trost 
und halt für uns arme Zuschauer, denen leider nur zu arg mitgespielt 
wird. — wer jetzt noch., heißt es an einer anderen Stelle, das Bad 
rückwärts drehen will, der will nur Buhe, Bequemlichkeit und Privat¬ 
glück,- diesen dreien freilich ist die Zeit nicht günstig; aber danach kann 
die Vorsehung sich nicht bequemen; wir vielmehr sind es, die sich der 
Zeit gewachsen halten müssen, und wer wollte auch Anfang und Ende 
einer solchen Umwälzung, wie die gegenwärtige ist, in ein Menschen¬ 
leben zusammendrängen? — 3a, das alte Laub muß herunter, ent- 
gegnete ihm Stolberg3,, auf daß der noch in brauner Knospe schlum¬ 
mernde Frühling für die Entwicklung aufbewahrt werde. Rch könnten 
wir nur die erste grüne Spitze sehen! 
Daß Gott in dem großen Umbildungskampfe zunächst und vor 
allem auf unser Volk gezählt, stand für Perthes unumstößlich fest. 
wir Deutsche sind ein auserwähltes Volk, schrieb er 1807 an Müller4, 
ein Volk, welches die Menschheit repräsentierte und alles zur allge¬ 
meinen Angelegenheit machte, wir waren nie bloß national. — Häher 
und bestimmter führte Perthes feine Ansicht von der weltgeschichtlichen 
Bedeutung des deutschen Volkes in einem Briefe an 3acobi5 vom 19. Ok¬ 
tober 1807 aus. Nie hat es uns Deutschen an großen geistigen Auf¬ 
gaben allgemeiner Natur gefehlt, heißt es in demselben, immer haben 
gerade wir uns der Wissenschaft ihrer selbst wegen hingegeben, war 
1 mitgeteilt von Clemens Theodor Perthes, Friedrich Perthes' Leben. Bö. I. 
* Napoleon. 3 Graf Friedrich Leopold Stolberg. 
4 Johannes Müller, der bekannte Historiker. 
5 Friedrich Heinrich Iacobi, Goethes Jugendfreund.
	        
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