Full text: Die sittlich-geistige Wiedergeburt zu Anfang des 19. Jahrhunderts (H. 93)

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das Ganze wohltätig sein möchte, wenn dieses oder jenes Volk sich 
gutmütig in Schutt verwandeln lassen wollte. Das ist das Zeichen 
eines elendigen und lieblosen Menschen, wenn einer immer von dem 
(Entfernten und allgemeinen klingelt und für das Nahe und Einzelne 
nichts tut; wer fein Weib, seine Kinder und Nachbarn nicht mehr liebt 
als Fremde, den hält man mit Recht für einen schlechten Menschen; 
wer fein Nahes nicht liebt, verteidigt und festhält, der hat nichts 
Nächstes, der hat keinen Nächsten, sein Mund ist voll schöner Klänge, 
und seine Lippen tönen prunk, aber er ist ein entnervter Wollüstling 
oder ein abgelebter Dummkopf. Unser Haus, unsere Kinder, unsere 
Nachbarn, unser Land, unser Volk — die sollen wir über alles lieben 
und verteidigen, so lieben und verteidigen wir auch die Länder und 
Völker am besten, verflucht aber fei die Humanität und der Kos- 
mopolitismus, womit ihr prahlet! 
11. Zriedrich August Ludwig von der Marwitz über den 
verfall des preutzischen Staates.1 
S. 56: Beruht denn das heil des Staates auf ökonomischen oder 
auf moralischen Prinzipien? 3st der reichste Staat seines Reichtums 
wegen der glücklichste? ©der verdient der glücklich genannt zu wer¬ 
den, in welchem die Freiheit der Bürger am festesten gegründet ist? 
Und in welchem die zu diesem Staate vereinigten Menschen am meisten 
Bürger (so nennen wir alle Mitglieder des Staates in Beziehung aus¬ 
einander. Der König, der (Edelmann, der Städter und der Bauer sind 
also insgesamt Staatsbürger) sind, d. H. ihr persönliches Wohl dem 
des Staates am unbedingtesten nachsetzen? Und wenn ein Staat durch 
die Unbürgerlichkeit seiner Bürger gefallen ist, kann ihm durch öko¬ 
nomische Maßregeln geholfen werden? wird es nicht vielmehr dar¬ 
aus ankommen, ob man das zerlassene Volk zur Bürgerlichkeit wieder 
zurückführen könne oder nicht? wenn man endlich den entbürgerten, 
also selbstsüchtigen Individuen Reichtum darreicht, werden sie dadurch 
bürgerlicher werden oder noch selbstsüchtiger? 
wir wollen kein Kompendium der Staatsweisheit schreiben und 
gestehen also von vornherein, daß wir gar nicht reden wollen und 
können mit denjenigen, die uns nicht zugeben, daß die Wohlfahrt des 
Staates nicht auf dem Reichtum, sondern auf den (Besinnungen feiner 
Bürger beruht — daß man diese zu erwecken suchen müsse, wenn sie 
verloren gegangen sind—, und daß einem Staat, der nicht durch Mangel 
an Reichtümern gefallen ist, durch Zuwendung derselben nicht gehol¬ 
fen werden könne, wer dieser Meinung nicht ist, für den schreiben 
wir nicht, und er mag hingehen zu seinen toten Besitztümern. 
1 Bus einer Darstellung des 1811 ausgefallenen Streites zwischen Harden¬ 
berg und Marwitz. Meusel, MarroitzABb. II.
	        
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