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das Ganze wohltätig sein möchte, wenn dieses oder jenes Volk sich
gutmütig in Schutt verwandeln lassen wollte. Das ist das Zeichen
eines elendigen und lieblosen Menschen, wenn einer immer von dem
(Entfernten und allgemeinen klingelt und für das Nahe und Einzelne
nichts tut; wer fein Weib, seine Kinder und Nachbarn nicht mehr liebt
als Fremde, den hält man mit Recht für einen schlechten Menschen;
wer fein Nahes nicht liebt, verteidigt und festhält, der hat nichts
Nächstes, der hat keinen Nächsten, sein Mund ist voll schöner Klänge,
und seine Lippen tönen prunk, aber er ist ein entnervter Wollüstling
oder ein abgelebter Dummkopf. Unser Haus, unsere Kinder, unsere
Nachbarn, unser Land, unser Volk — die sollen wir über alles lieben
und verteidigen, so lieben und verteidigen wir auch die Länder und
Völker am besten, verflucht aber fei die Humanität und der Kos-
mopolitismus, womit ihr prahlet!
11. Zriedrich August Ludwig von der Marwitz über den
verfall des preutzischen Staates.1
S. 56: Beruht denn das heil des Staates auf ökonomischen oder
auf moralischen Prinzipien? 3st der reichste Staat seines Reichtums
wegen der glücklichste? ©der verdient der glücklich genannt zu wer¬
den, in welchem die Freiheit der Bürger am festesten gegründet ist?
Und in welchem die zu diesem Staate vereinigten Menschen am meisten
Bürger (so nennen wir alle Mitglieder des Staates in Beziehung aus¬
einander. Der König, der (Edelmann, der Städter und der Bauer sind
also insgesamt Staatsbürger) sind, d. H. ihr persönliches Wohl dem
des Staates am unbedingtesten nachsetzen? Und wenn ein Staat durch
die Unbürgerlichkeit seiner Bürger gefallen ist, kann ihm durch öko¬
nomische Maßregeln geholfen werden? wird es nicht vielmehr dar¬
aus ankommen, ob man das zerlassene Volk zur Bürgerlichkeit wieder
zurückführen könne oder nicht? wenn man endlich den entbürgerten,
also selbstsüchtigen Individuen Reichtum darreicht, werden sie dadurch
bürgerlicher werden oder noch selbstsüchtiger?
wir wollen kein Kompendium der Staatsweisheit schreiben und
gestehen also von vornherein, daß wir gar nicht reden wollen und
können mit denjenigen, die uns nicht zugeben, daß die Wohlfahrt des
Staates nicht auf dem Reichtum, sondern auf den (Besinnungen feiner
Bürger beruht — daß man diese zu erwecken suchen müsse, wenn sie
verloren gegangen sind—, und daß einem Staat, der nicht durch Mangel
an Reichtümern gefallen ist, durch Zuwendung derselben nicht gehol¬
fen werden könne, wer dieser Meinung nicht ist, für den schreiben
wir nicht, und er mag hingehen zu seinen toten Besitztümern.
1 Bus einer Darstellung des 1811 ausgefallenen Streites zwischen Harden¬
berg und Marwitz. Meusel, MarroitzABb. II.