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gab ihnen das Geleit, es war ein feierlicher Augenblick, als das Zeichen 
zur Abfahrt gegeben wurde. Nicht bloß die Verwandten und Freunde 
der Abziehenden, alle fühlten, daß die ganze Macht und Ehre der 
Stadt für diesen Zug eingefetzt werde. 
Die Flotte fuhr um den Peloponnes herum zunächst nach Kerkyra, 
wo sich noch 34 Dreirudrer mit dem Heere der Bundesgenossen, viele 
kleinere Schiffe, Lastschiffe mit Getreide und allerlei Handwerkern an¬ 
schlossen. Die Feldherrn, welche diese gewaltige Schiffsmasse und diese 
Heeresmacht (etwa 6500 Mann) befehligten, waren Alkibiades, 
Nikias und Lamachos. Von diesen war Alkibiades der gewandteste 
und klügste, Nikias der bedächtigste und Lamachos der kühnste. 
Bei Rhegium in Unteritalien machte die Flotte Halt, das Heer 
bezog ein Lager, und vou hier aus sollten die Angriffe auf Syrakus 
unternommen werden. Zunächst wnrde Katana an |ber Ostküste bort 
Sicilien erobert und so der erste Hasen und das erste Bollwerk auf 
der Insel genommen. 
Während sich Alkibiades rüstete, auch das wichtige Messana (fetzt 
Messina) zu besetzen und zu einem Stützpunkte gegen Syrakus zu machen, 
erschien plötzlich die Salaminia, das athenische Staatsschiff, das Aus¬ 
wärtige vor Gericht lud. Denn die Umsturzpartei hatte jsetne Abwesen¬ 
heit benutzt, um das Volk gegen ihn einzunehmen, dann hatte ein 
Aristokrat die Mysterienangelegenheit wieder vor der Volksversammlung 
zur Sprache gebracht, und es wurde der Beschluß gefaßt, Alkibiades 
abzurufen, ^damit er sich verantworte. Alkibiades unterwarf sich nur 
scheinbar dem Befehle der Bürgerschaft, folgte der Salaminia in feinem 
eigenen Schiffe, was ihm auch gestattet ^wurde, und entfloh nach dem 
Peloponnes, was jedenfalls feinen Gegnern lieber war, als wenn er 
zurückkehrte. Als die Salaminia ohne ihn heimkam, wurde er abwesend 
zum Tode verurteilt, und seine Güter wurden eingezogen. Sobald dies 
Alkibiades erfuhr, ging er nach Sparta, um an seinen undankbaren 
Mitbürgern Rache zu nehmen; sie sollten durch ihn so in Not geraten, 
daß sie ihn zurückrufen mußten. Die Spartaner, welche er dadurch 
gewann, daß er sich ganz ihrer Lebensweise anpaßte, überredete er, den 
Syrakusanern mit einer Flotte und einem Heere zu Hilfe zu kommen 
und den Krieg gegen Athen in Attika wieder zu eröffnen. Die Spar¬ 
taner folgten feinem Rate. Zunächst sandten sie den Feldherrn Gylippos 
mit einer aus spartanischen und korinthischen Schiffen zusammengesetzten 
Flotte nach Sicilien. 
Dort hatten die Athener bedeutende Vorteile errungen. Anfangs 
hatte zwar die plötzliche Abberufung des Alkibiades die ganze Krieg-
	        
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