Object: Allgemeine Weltgeschichte

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waren durch den Dniepr in Ost- und Westgothen getheilt. 
Die Ostgothen wurden bestegt und stürzten nun vor dem gewal¬ 
tigen^ Strome her auf ihre Stammgenossen. Die Westgothen, 
von jenen gedrängt, wichen gegen die Donau und fanden den von 
den Fürsten Alaviv und Friedigern durch ihren Bischof 
Wulfilas (oder Ulfilas, der die Bibel ins Gothische übersetzte) 
bei dem Kaiser Valens nachgesuchten Schutz im römischen Süd¬ 
donaulande, jedoch weil man sie fürchtete, nur unter der enteh¬ 
renden Bedingung der Hingabe ihrer Kinder und Waffen. An¬ 
dere Stämme kamen nach und erzwangen den Uebergang mit 
den Waffen, während die Römer durch vorenthaltene Lebensmittel 
die Unglücklichen zur Abtretung ihrer Schätze, Weiber und Kin¬ 
der zwangen. Da griffen sie zur Nothwehr und schlugen die 
Römer in mehreren Schlachten, bis endlich der Kaiser Valens 
mit seinem ganzen Heere ihnen bei Adrianopel erlag (378). Ver¬ 
wundet floh er in eine Bauernhütte, welche die nacheilenden 
Gothen in Brand steckten, ohne zu wissen, daß der Kaiser darin 
sei. Unaushalsam, wie ein verheerender Strom, wälzten sich nun 
unter schrecklichen Verwüstungen die Sieger bis unter die Mauern 
von Konstantinopel. Da eilte noch zu rechter Zeit der neuge¬ 
wählte Kaiser Theodosius, ein geborner Spanier, herbei und 
schloß mit dem furchtbaren Feinde Frieden. Die Gothen beka¬ 
men Thracien uud verpflichteten sich dagegen, ihm für Geld und 
Lebensmittel 40,000 Mann Hülfstruppen zu stellen. Von nun 
an dienten immer Gothen ffm römischen Heere und erhielten 
selbst die angesehensten Stellen. 
Theodosius theilte, wie schon (§. 30.) erwähnt, kurz vor 
seinem Tode (393) das Reich unter seine beiden Söhne Arka¬ 
dius und Honorius, so daß dieser die westlichen Provinzen 
mit der Haupstadt Rom, jener die östlichen mit der Hauptstadt 
Konstantinopel erhielt. Zwar sollte nach der Absicht des Theodo- 
ssus das römische Reich noch immer ein Ganzes bilden; es ist 
aber nie wieder vereint worden. Von nun an gab es ffn mor¬ 
genländisches oder ostromisches und ein weströmisches 
oder abendländisches Kaiserthum. Weil die Söhne des 
Theodosius noch sehr jung waren, so herrschten statt derselben 
ihre Minister, statt des Arkadius Rusinus, statt des Honorius 
Stilicho. Beide Minister haßten sich auf das bitterste, suchten 
einander zu stürzen und machten dadurch die Unordnung im Reiche 
noch größer. 
tz. 33. 
Atarich, König der Westgothen. 420. 
(Kdrfr. I. S. 258. Kdrfr. II No. 08. u. 69.) 
Zu der Zeit, als Arkadius in Konstantinopel, und Honorius 
in Ravenna herrschten, hatten die Westgothen einen König, Ala-
	        
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