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kam nun jeden Abend um von dem Zucker zu naschen.
Sonderbar war es, daß es niemals am Tage über die
Dose ging, wiewohl sie doch beständig offen stand.
Nach einiger Zeit schloß Herr Wilhelm die Dose
und legte der Maus ein einzelnes Stückchen hin, das
sie auch richtig jeden Tag verzehrte. Sie lief dabei hin
und her und guckte zuweilen hinter dem Gestelle vor auf
Herrn Wilhelms Tisch.
Jetzt legte Herr Wilhelm nur ein ganz kleines Stück—
chen Zucker auf den gewöhnlichen Ort und ein größeres
auf die Ecke des Tisches, an welchem er schrieb. So—
bald es Abend war, kam das Mäuschen; es fraß das
kleine Stückchen Zucker; es fand auch das größere Stück,
sprang mutig auf den Tisch und sah eine Zeitlang Herrn
Wilhelm mit seinen hellen Augen an, machte sich dann
über den Zucker her, benagte ihn mit den scharfen Zähnen
und verzehrte ihn.
Seit dieser Zeit wurde das Stück Zucker jeden Abend
auf den Tisch gelegt und sobald Herr Wilhelm mit seinem
Licht am Tische saß und schrieb, so stellte sich pünktlich
das Mäuschen ein, knabberte an dem Zucker, lief auf
der Ecke des Tisches umher, sah Herrn Wilhelm furchtlos
an, sprang auf das Gestell, dann wieder auf den Tisch
um den Zucker weiter zu verzehren, lief auch wohl in
dem Saal umher, kam bald wieder und ließ sich nicht
im mindesten stören. Doch blieb es, so oft es auf dem
Tische war, immer in einer gewissen Entfernung von
dem Papier, auf welchem Herr Wilhelm schrieb.
Herr Wilhelm hatte sein Vergnügen an dem kleinen
kecken Geschöpfe und hoffte es noch so zahm und zutrau—
lich zu machen, daß es aus seiner Hand fressen sollte.
Aber diese Freude hatte er nicht. Der große graue