Full text: Das Mittelalter (Theil 2)

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"ahme in das Paradies versprochen hatte. Kaum war dies geschehen, so 
trug es den Propheten unter Leitung des Engels in einem Nu zum Berge 
Sinai, von da nach Bethlehem, von Bethlehem nach Jerusalem. An allen 
diesen Orten verrichtete der Prophet sein Gebet; im Tempel zu Jerusalem 
gemeinschaftlich mit Abraham, Moses und Jesus. Von hier führte ihn 
der Engel (Al Borak blieb vor dem Tempel stehen) aus einer Leiter, deren 
Stufen von Gold, Silber, Perlen und anderen Kostbarkeiten waren, in 
alle sieben Himmel nach einander. Jeder dieser Himmel war von dem 
andern so weit entfernt, daß nach menschlicher Weise 500 Jahre nöthig 
gewesen wären, um von dem einen zu dem andern zu gelangen Mohammed 
aber machte mit seinem Begleiter die Reise in einem Augenblicke. Die 
Herrlichkeiten, die er hier erblickte, lassen sich nicht malen; der Sprache 
fehlt es dazu an Worten, der Phantasie an Bildern. Alles war von 
Gold und Edelstein, voll von blendendem Licht, und in jedem Himmel be¬ 
grüßten ihn Engel, Erzväter und Propheten der Vorzeit. Bis zum sieben¬ 
ten Himmel, wo schon die Stimme Gottes vernommen wurde, durfte Ga¬ 
briel gehen, Mohammed aber gelangte über denselben hinaus bis in die 
Nähe des Thrones Gottes. Diesen Thron trug der Engel Asrafel, der 
so groß war als der ganze Raum vom Morgen bis zum Abend. Er 
hatte eine Million Häupter, jedes Haupt hatte eine Million Münder, jeder 
Mund eine Million Zungen, jede Zunge redete eine Million Sprachen, 
mit welchen er Tag und Nacht das Lob Gottes unaufhörlich pries. Der 
Thron Gottes wie jedes Thor der sieben Himmel hatte die Aufschrift: 
„Es ist kein Gott als Gott und Mohammed ist sein Prophet!" 
Mohammed schwindelte, aber eirteStimme rief: „Tritt herzu und nähere 
dich dem herrlichen und allmächtigen Gott!" Er näherte sich und hielt 
eine lange Unterredung mit Gott. Unaussprechliche Süßigkeit und Wonne 
durchdrang fein Inneres; er empfing den vollkommensten Unterricht von 
dem Willen Gottes und die Verheißung, daß sein Name nie von dem 
Namen Gottes getrennt werden sollte. Die Anzahl der Gebete, welche 
jeder Araber täglich verrichten sollte, bestimmte Gott auf fünf. Als die 
Unterredung geendet war, kehrte Mohammed zurück. Gabriel führte ihn auf 
dem vorigen Wege und wieder nach Jerusalem zurück. Dort bestieg Mo¬ 
hammed abermals den Grauschimmel und langte noch in derselben Nacht 
tn Mekka wieder an. 
.. _?^se kühne und ausschweifende Dichtung war wohl im Stande, auf 
die örnitlichfett eines phantasiereichen Volkes Eindruck zu machen; doch 
wurde sie anfangs verlacht und erst späterhin geglaubt. Abu-Bekr, der 
„getreue Zeuge", empfahl sie mit der Bemerkung, daß Alles wahr sein 
muffe, was der Gesandte Gottes berichte. 
5. 
zsn> j^er noch wichtiger war es, daß sich die Einwohner von Jathreb 
Iffewta), die fett langer Zeit mit den Koreischiten in Feindschaft lebten, 
für Mohammed erklärten. Feierlich gelobten sie ihm durch ihre Abgesandten, 
Grube, Geschichtsbilder. II. 6
	        
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