Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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der sich nicht rührte, sondern ihn ruhig hinziehen ließ. Als die Schweden 
fort waren, brach auch Wallenstein auf und zünbete sein Lager an, bas 
anderthalb Meilen im Umfang gehabt hatte. 
12. Die Schlacht bei Lützen (16. Nov. 1632). 
Wallenstein, anstatt die Schweden zu verfolgen, eilte nach Sachsen, 
um den Kurfürsten zu einem besonderen Frieben mit bem Kaiser zu zwin¬ 
gen unb dann ben geschwächten König im Rücken anzugreifen. In biefer 
Noth schickte ber Kurfürst Boten über Boten an ben König unb ließ ihn 
um bie schleunigste Hülfe bitten. Augenblicklich brach auch Gustav, alle 
feine errungenen Vortheile in Bayern aufgebenb, zur Hülfe feines Bunbes- 
genoffen nach Sachsen auf. In Erfurt umarmte er zum letzten Male 
feine geliebte Frau, bie ihm von Schweben aus gefolgt war, sie sah ihn 
erst im Sarge wieber. 
Auf feinem Zuge burch Sachsen warb Gustav von bem zuströmenben 
Volke mit unbeschreiblichem Jubel empfangen. Es brängte sich an ihn 
heran, warf sich vor feinem Retter auf bie Kniee unb suchte ben Saum 
feines Kleibes zu küssen, so baß ber König, unwillig über biefe abgöttische 
Verehrung, in bie Worte ausbrach: „Ist es nicht, als ob mich biefes Volk 
zum Gotte machen wollte? Unsere Sachen stehen gut; aber ich furchte, bie 
Rache bes Himmels werbe mich für biefes Gaukelspiel strafen, um biefen 
thörichten Menschen meine Sterblichkeit früh genug zu offenbaren!" 
Bei Naumburg an ber Saale bezog er ein verschanztes Lager. Wal¬ 
lenstein glaubte, ber König würbe wegen ber vorgerückten Jahreszeit (es 
war schon im November) keinen Angriff mehr unternehmen unb schickte ben 
Grafen von Pappenheim mit einer beträchtlichen Abtheilung feines Heeres 
zur Eroberung ber Moritzburg bei Halle; von ba sollte er nach bem Rheine 
ziehen. Aber kaum hatte Gustav biefes vernommen, als er schnell seine 
Truppen zusammenzog unb über Weißenfels nach Lützen, einem Stäbt- 
chen nicht weit von Leipzig, eilte. Hier lagerte er sich am Abenb bes 
15. November 1632 bem 2SaHenstein’fchen Heere gegenüber. 
Als ber neue Tag anbricht, welcher bie blutige Entfcheibung herbei¬ 
führen soll, bebeckt ein bichter Nebel bie ganze Gegenb. Im Dunkel orb- 
nen bie beiberfeitigen Felbherren ihre Schaaren. Der König sinkt betenb 
auf bie Kniee, mit ihm fein ganzes Heer; unter Begleitung ber Felbmusik 
stimmen sie ein Lieb zur Ehre Gottes an. Darauf besteigt Gustav fein 
Pferb, reitet burch bie einzelnen ©lieber unb feuert mit kräftigem Zuspruch 
ihren Muth an. Auch Wallenstein fliegt auf feinem Streitroffe bie Reihen 
auf unb nieber, Belohnung bem Tapfern, Verberben bem Feigen ver- 
künbenb. Gegen 11 Uhr bringt enblich bie Sonne burch unb bie Reiben 
Heere stehen schlagfertig einanber im Gesicht. Da giebt ber König bas 
Zeichen zum Angriff. Unb mit bem lauten Kriegsgeschrei: „Gott mit 
uns!" stürmen bie Schweben über bie Sanbstraße an ben von ben Kaiser¬ 
lichen besetzten Graben. Aber ein mörberisches Feuer streckt bie Anstür- 
menben reihenweis zu Boben. Mit verzweifelter Tapferkeit streiten bie
	        
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