1885 88
Draußen auf dem Lande hat sich das Samenkörnchen wieder befreit.
Wie stürmten die Mädchen über die Weide, um den dicken Ball zu
kriegen! Fräulein mußte sogar schelten; dem einen Mädchen war schon
im wilden Spiel die Schärpe abgerissen; sie mußte mit einer Sicherheits—
nadel angestectt werden. Muß man sich da wundern, daß unser Samen—
körn?en nicht mehr mitmachen wollte? Es ließ sich herab, und kam
glücklich zwischen gelben und weißen Blümchen auf der Erde an. Der
Regen hat es nachmals ganz in das dicke Wurzelgeflecht des Rasens
hineingespült; dort hat es gekeimt und ist gewachsen. Im nächsten Jahre
pflüctte sich dort, ganz genau an derselben Stelle, ein Junge einen dicken,
weißen, kugelrunden Wollkopf vom Stengel ab und steckte ihn an seinen
Strohhut.
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16. Was Schönes.
Heinrich Seidel.
Was Schönes weiß ich in unserm Garten.
Als ich dort ging, der Blumen zu warten,
Hab' is entdeckt, im Grünen versteckt,
Wo die Rosen blühn an der sonnigen Wand.
Fast war ich erschrocken, als ich es fand:
Im zarten Geäst ein niedliches Nest,
Geflochten gar zierlich aus Halmen und Moos:
Vier Eierchen lagen in seinem Schoß.
Doch die Vögelein, wie Mäuslein so klein,
Die piepten so ängstlich, als wollten sie bitten:
„O geh!“ Da bin ich weitergeschritten
Und stand nun von fern. Das sahen sie gern,
Und eines flog auf den Zweig und sang,
Daß jauchzend es klang: „Hab' Dantk, hab' Dank!“
17. WValdmeisterlein.
Theodor Krausbauer.
Der Frühling hat seine Boten gesandt und verkünden lassen
daß er auch in den Wald einziehen werde. Da putzten sich die
WValdkrãuter heraus, eines der ersten aber war das Valdmeisterlein.