Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

52 
kriegerischer Mann das benachbarte Quito erobert und eine Tochter des 
Königs von Quito geheirathet hatte. Dieses war freilich wider das Gesetz, 
denn er hatte bereits eine Gemahlin. Von seiner ersten Frau hatte er einen 
Sohn Huaskar, von seiner zweiten Frau einen jüngeren Atahualpa. 
Nach des Vaters Willen sollten sich beide Söhne in die hinterlassenen 
Länder theilen; aber das wollte Huaskar nicht, und so gährte das unglück¬ 
liche Reich in vollem Bürgerkriege. Atahualpa, dem das Heer seines Vaters 
zu Gebote stand, hatte soeben seinen Stiefbruder gefangen bekommen und 
alle übrigen Sprößlinge aus dem Geschlechte der Jnka's ermorden lassen. 
Diesem Zwiespalt verdankte es Pizarro, daß man ihn so tief ein¬ 
dringen ließ, ohne ihm Widerstand entgegen zu setzen. Huaskar, sobald 
er von den neuen Ankömmlingen gehört hatte, schickte sogleich hülfebittende 
Gesandte an die Spanier. Atahualpa, dem dabei nicht wohl zu Muthe 
war, schickte gleichfalls Boten an Pizarro und suchte durch reiche Geschenke 
seine Freundschaft zu gewinnen. Dem Atahualpa ließ Pizarro sagen, er 
sei geneigt, ihm beizustehen, nur müsse er ihn erst sprechen, denn er sei 
der Abgesandte eines großen Königs und habe ihm wichtige Dinge zu er¬ 
öffnen. Er ging ihm auch gleich nach Kapamalka entgegen, einem 
peruanischen Flecken, in welchem man einige seltsame steinerne Gebäude, 
dem Anschein nach einen Sonnentempel und einen Palast, neben einander 
fand. Pizarro verwandelte mit einiger Nachhülfe diese feste Steinmassen 
in eine Verschanzung, ließ einen Graben davor ziehen und pflanzte seine 
zwei Kanonen vor den Eingang hin. 
2. Atahualpa gefangen (1532). 
Pizarro hatte sich den Kortez zum Muster genommen; ihm in der 
Gefangennehmung des Montezuma nachzuahmen, war sein heißester Wunsch, 
und die vertrauensvolle Gutmüthigkeit des Inka machte ihm die Aus¬ 
führung leicht. 
Auf Pizarro's freundschaftliche Einladung hatte der Inka ihm einen 
Besuch versprochen und erschien auch wirklich mit einer Pracht und einem 
so wohlgeordneten, feinbekleideten Hofstaat, daß die Spanier ihn nicht ohne 
Bewunderung betrachten konnten. Auch was er sagte, war so verständig, 
daß ein Menschenfreund große Freude über diese achtungswerthen Halb¬ 
wilden empfunden haben würde. Pizarro dagegen sah nur sein Gold und 
wie hätte er den Atahualpa achten können, da dieser ein Heide war? Es 
erfolgte jetzt eine der scheußlichsten Scenen, welche die Geschichte kennt. 
Pizarro's Feldpater, Vincenz Valverde, trat hervor und hielt eine 
seltsame Anrede in spanischer Sprache an den Inka, worin er ihm die 
Geschichte von der Schöpfung, von dem Sündenfall, der Menschwerdung, 
dem Leiden und der Auferstehung Christi, ferner von der Ernennung des 
heiligen Petrus zum Statthalter Jesu Christi, vom Papste u. s. w. vor¬ 
erzählte und ihn dann aufforderte, sich dem christlichen Glauben, dem 
Papst und dem König von Spanien zu unterwerfen. Darauf bedrohete 
er ihn mit schrecklichen Strafen, wenn er sich weigern würde.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.