Full text: Frankreich vom Sturze der Julimonarchie bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ; 2 = H. 133 [d. Gesamtw.] (2 = H. 133 [d. Gesamtw.])

Die Trennung von Staat und Kirche 9 
gegnen ..er hat endgültig der inneren Politik Frankreichs den heil¬ 
samen Weg gewiesen, der zur moralischen Freiheit unserer Jugend führt. 
Durch die einfache Anwendung seines Gesetzes habe ich das Haupt rüst- 
zeug des Klerikalismus zerbrochen, nämlich die geistlichen Vrden, öie 
durch Unterricht und predigt, sogar durch den Handel die bürgerliche 
Gesellschaft immer mehr in die Maschen eines geduldig und wunderbar 
gewebten Netzes verstrickten Mit dem Konkordat (von 1801) habe 
ich die beiden Hauptfrage des Klerikalismus bekämpft: die religiösen 
Gröen und die weltliche Geistlichkeit. 
c) Gesetz oom 9. Dezember 1 905 betreffend die (Trennung von 
Staat und Kirche.1 
Art. 1. Die Republik verbürgt Gewissensfreiheit und freie Aus¬ 
übung des Gottesdienstes unter den im Interesse der öffentlichen Grü¬ 
nung festgesetzten Beschränkungen. 
Art. 2. Die Republik anerkennt, besoldet und unterstützt feine 
Kirchengemeinschaft. Ls werden also vom 1. Januar des auf die Ver¬ 
öffentlichung dieses Gesetzes folgenden Jahres an abgeschafft alle Staats- 
Departements- und Gemeindehaushalte und alle Ausgaben in Kirchenani* 
gelegenheiten— (Es werden ferner abgeschafft die kirchlichen öffent¬ 
lichen (Einrichtungen. 
Diese sollen (Titel II) vorläufig weiter bestehen bis zur Über¬ 
weisung ihres Vermögens an die in Art. 4 vorgesehenen Kirchengemein¬ 
schaften. 
Art. 4. Die Kirchengemeinschaften sind innerhalb eines Jahres 
von der Veröffentlichung dieses Gesetzes an zu bilden. 
d) Brief einer Gruppe französischer Katholiken an den Papst? 
heiliger Vater, es wäre kindisch, Dir Öen (Eindruck Deines Sendschrei¬ 
bens an öie Bischöfe zu verhohlen. 3nöen aufgeklärten'Kreisen..öie nicht? 
nur durch die Taufe, sonöern auch öurch wahrhaft religiöses handeln dem 
Katholizismus angehören, unter den gebildeten Bürgern..., deren Mei¬ 
nung für den Rest des Volkes bestimmend ist, war 'die Überraschung 
ungeheuer, die Enttäuschung schwer und beklagenswert Du mutzt 
wissen, heiliger Vater, das;, to*enn Dein Brief alle guten Bürger in Trauer 
Iich sind,.. und in deren Händen die Religion nur eine Waffe ist, die nicht die 
(Eroberung der Seele bezweckt, sondern die der politischen TRacht." 
1 Ergänzt dnrch das Gesetz vom 13. ctpril 1908. Les Textes de la politique 
franyaise en mattere eccläsiastique (Paris 1909) S. 8. 
2 3n der Enzyklika vehementer an die Bischöfe Frankreichs hatte der Papst 
das Trennungsgesetz verurteilt. Darauf erschien im Temps am 2. Sept. 1906 
der obige (stark gekürzte) Brief an Pius X. Les Textes de la politique fran- 
caise en mattere ecctesiastique S. 36 ff. 
dUietlenfammlung II, 133: Dietrich, Frankreich II 2
	        
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