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Geschichte der neuen Zeit.
bewachten, steckte die Köpfe der Anführer auf lange Piken und trug sie jubelnd
durch die Stadt. Das war der Anfang der französischen Revolution.
Behandlung des Königs. Die Adeligen und vornehmen Geistlichen sahen
nun wohl, wie schlimm es ihnen ergehen könne und suchten auf jede Weise aus
dem Lande zu flüchten. Unter dem Namen Emigranten, d. H. Auswanderer,
blieben sie meist am Rheine und verdienten oft mit saurer Mühe ihr tägliches
Brot. In Paris aber wurde es immer ärger und ärger. Der wilde Pöbel
stürmte nach Versailles, wo der König wohnte, tobte, mordete seine Leute und
zwang den König, mit der Königin m einer Kutsche nach Paris zu fahren.
Unterwegs jubelte das zum Theil betrunkene Volk immer neben der Kutsche her,
schoß auch zuweilen hinein und fluchte zwischendrein dem Könige und der Königin.
Man kann sich denken, welche angstvollen Stunden das für den König waren.
Die Flucht. In Paris hatte er fortwährend viel Herzeleid, so daß er be¬
schloß, heimlich seinen Brüdern zu folgen, die schon nach Deutschland entflohen
waren. Er fuhr also mit seiner ganzen Familie still davon. Unterwegs sah ihn
aber der Postmeister, erkannte ihn und machte Lärm. Sogleich mußte der
König umkehren; seine Bedienten wurden mit Stricken auf dem Kutschersitze fest¬
gebunden; Soldaten marfchirten, wie bei Gefangenen, neben dem königlichen
Wagen her, und langsamen Schrittes fuhr dieser nun durch die gedrängt vollen
Straßen der. großen Hauptstadt nach dem königlichen Schlosse. Hier wurde der
König ganz wie ein Gefangener gehalten.
Die Nationnl-Dersammlnng. Indeß regierte in Paris jene Versammlung,
welche der König anfangs zusammen berufen hatte, um ihm Rath zu geben. Sie
bestand meistens aus Männern aus dem Bürgerstande, hieß die National-Ver¬
sammlung, und das ganze Volk gehorchte ihr. Nachdem sie einmal aufgebort
hatte, dem Könige zu gehorchen, ging sie immer weiter. Gottlose Menschen er¬
hielten in ihr die Oberhand; die besseres wußten und wollten, schwiegen; viele
Gräuel geschahen. Endlich nahmen sie den König und seine Familie gefangen
und erklärten, in Frankreich solle kein König mehr sein, das Land sei eine Re¬
publik, und zum Andenken an den glorreichen Tag dieser Erklärung (1792) sollten
in Frankreich die Jahre von da ab gezählt werden. Das Volk freute sich darüber
und hielt sich jefet für frei und glücklich. Alle, die es noch mit der von Gott
verordneten Obrigkeit, mit dem Könige, hielten, wurden ergriffen, eingesteckt und
enthauptet. Die Scharfrichter konnten mit all' den Unglücklichen, die nun hin¬
gerichtet wurden, nicht mehr fertig werden: deshalb wurde das Fallbeil, die
Guillotine, erfunden, um desto mehr Menschen abschlachten z» können. Es
war solch ein Mordgeist in die Herzen des verblendeten Volkes gefahren, daß
ihnen das Hinrichten der Einzelnen nicht genug war. Die Verurteilten wurden
daher an mehreren Orten mit einander auf’s Feld geführt. Da schoß man mit
Kartätschenkugeln unter sie, und endlich wurden Todte und Halbtodte mit ein¬
ander begraben. Eine Prinzessin kehrte aus Liebe zur Königin aus Italien nach
Paris zurück. Sie wurde mit einem Knüttel todtgeschlagen, ihr abgeschnittener
Kopf auf eine Lanze gesteckt und, von einer großen Menge begleitet, nach dem
Gefängnisse der Königin getragen. Ein abscheulicher Mensch ging dem Zuge
voran; in der Hand hatte er das noch rauchende Herz der Ermordeten, und, die
Gedärme derselben um seinen entblößten Arm gewunden. Und die arme Königin
mußte das alles mit ansehen. .
Ludwigs Verurteilung und Tod. Endlich wurde auch der Komg
Ludwig XVI. vor den Rath gefordert, der das Land beherrschte. Man hatte be¬
schlossen, ihn zu verderben. „Ludwig", redete matt ihn an, „sie sind ein Verbrecher.
Verräterischer Weise haben sie das Vaterland verlassen wollen: sie sind des
Todes schuldig!" Der König vertheidigte sich, wie es einem Unschuldigen natip
lich unb möglich ist; aber das half nichts; er wurde zum Tode verurtheilt.
Mit Ergebung in Gottes Willen hörte er sein schreckliches Urtheil, und als er
(1793) in Paris gonillotinirt wurde, schied er mit einem ruhigen, vergebenden
Herzen aus einem Leben voll Mühe und Jammer.
Tod der Königin Marie Antoinette. Dreiviertel Jahre spater wurde
auch die Königin, eine Tochter des österreich-deutschen Kaisers, erst 37 jähre alt,
zum Tode verurtheilt, auf einem schlechten Karren nach dem Richtplatze gefahren,
und ihr dort das von Kummer graue Haupt abgeschlagen. Des Königs Schwester