2. Wie sie so saßen, kam auf einmal ein Hase übers Feld
gelaufen. „Fi," sagte der Barbier, „der kommt wie gerufen,"
nahm Becken und Seife, schäumte so lange, bis der Hase in die
Nähe kam; dann seifte er ihn in vollem Laufe ein und rasierte
ihm auch in vollem Laufe ein Stutzbärtchen, und dabei schnitt er
ihn nicht und tat ihm an keinem Haar weh. „Das gefällt mir,"
sagte der Vater; „wenn sich die andern nicht ganz gewaltig an¬
greifen, ist das Haus dein."
2. Es währte nicht lange, so kam ein Herr in einem Wagen
dahergefahren in vollem Jagen. „Nun sollt Ihr sehen, Vater,
was ich kann," sagte der Hufschmied, sprang dem Wagen nach,
riß dem Pferde, das in einem fortjagte, die vier Hufeisen ab
und schlug ihm auch im Jagen vier neue wieder an. „Du bist
ein ganzer Kerl," sprach der Vater; „du machst deine Sache so
gut wie dein Bruder; ich weiß nicht, wem ich das Haus geben soll."
4. Da sprach der dritte: „Vater, laßt mich auch einmal
gewähren!" Und weil es anfing zu regnen, zog er seinen Degen
und schwenkte ihn in Kreuzhieben über seinem Kopfe, daß kein
Tropfen auf ihn fiel. Und als der Regen stärker ward und endlich
so stark, als ob man in Mulden vom Himmel gösse, schwang
er den Degen immer schneller und blieb so trocken, als säß’ er
unter Dach und Fach. Wie der Vater das sah, erstaunte er und
sprach: „Du hast das beste Meisterstück gemacht; das Haus
•ist dein."
3. Wie lieb sich die drei Brüder hatten.
Die beiden andern Brüder waren damit zufrieden, wie sie
vorher gelobt hatten. Und weil sie einander so lieb hatten, blieben
sie alle drei zusammen im Haus und trieben ihr Handwerk,
und da sie so gut ausgelernt hatten und so geschickt waren,
verdienten sie viel Geld. So lebten sie vergnügt bis in ihr Alter
zusammen, und als der eine krank ward und starb, grämten sich
die zwei andern so sehr darüber, daß sie auch krank wurden
und bald starben. Da wurden sie, weil sie so geschickt gewesen
waren und sich so lieb gehabt hatten, alle drei zusammen in ein
Grab gelegt.
Kinder- und Hausmärchen. Jakob und Wilhelm Grimm.