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ITeue Friedensarbeit auf wirtschaftlichem Gebiete.
bessernde Hand angelegt. Die mehr und mehr erstarkte öffentliche
Meinung erhob immer lauter ihre Stimme dagegen. Einzelne große
Grundbesitzer verzichteten freiwillig auf die gehässigsten jener Feudal¬
rechte, so die Hülsens und Auerswalds in Ostpreußen,- die Bernstorffs
in Holstein, so Markgraf Karl Friedrich von Baden und die Kaiserin
Maria Theresia für ihre beiderseitigen Domänen. Joseph II., zur
Regierung gelangt, vermochte auch den böhmischen, mährischen, schlesi¬
schen Adel zur Aufhebung der Leibeigenschaft auf seinen Gütern zu
bewegen. Herzog Peter von Oldenburg verfügte nicht bloß das Gleiche
für die seinigen, sondern errichtete auch sog. „Arbeitsschulen" auf dem
Lande, um die freigegebenen Bauern zum rechten Gebrauch dieser
Freiheit fähig und geschickt zu machen. Friedrich II. that, (wie schon
seine Vorfahren) manches für Linderung der Not des kleinen Mannes,
konnte sich aber zur völligen Aufhebung der Leibeigenschaft nicht ent¬
schließen — teils, wie es scheint, aus Rechtsbedenken, teils weil er
fürchtete, der große Grundbesitz, der durch den Krieg schon so sehr
heruntergekommen war, möchte dadurch gänzlich ruiniert wetim.
Auf den Gebieten des Handels und der Industrie setzten
viele Regierungen mit zum Teil gesteigertem Eifer die Bemühungen
fort, durch welche sie schon vordem die Gewerbe- und Handelsthätig¬
keit ihrer Unterthanen zu ermuntern und zu unterstützen beflissen
gewesen waren. Daneben steigerte sich die Betriebsamkeit der Priva¬
ten. Allerdings krankten manche Industrien daran, daß sie zu sehr
entweder nur durch künstliche Mittel großgezogen, oder auf die Ab¬
satzwege, welche der Geschmack und Luxus der Höse ihnen eröffneten, an¬
gewiesen, in beiden Fällen also verloren waren, sobald diese Hebel ver¬
sagten. Indessen bildeten sich doch auch schon vielerorten Mittelpunkte
eines natürlichen Aufschwunges und eines dadurch verbürgten dauern¬
den Bestandes gewisser Gewerbe, so für die Baumwollenmanufaktur
das Erzgebirge und speziell Chemnitz (damals eine Stadt von 4000
bis 500 ) Einwohnern, jetzt von 106 000), für die Damastweberei die
sächsische Lausitz, für grobe Leinenwaren Schlesien und Westfalen, für
die Seidenweberei das Bergische (Krefeld und Umgegend), für seine
Silberwaren Hanau und Pforzheim, für Eisen- und Stahlwären Suhl
und Solingen, für die Fabrikation von Uhren der Schwarzwald, für
Strumpfwaren Apolda u. f. w. Schon begann man hier und da mit
Maschinen zu arbeiten. Freilich aber bestanden auch jetzt noch die
meisten der Hindernisse unverändert oder nur wenig gemildert fort,
welche einer günstigen Konkurrenz der deutschen Industrie und deS
deutschen Handels mit denen Englands und Frankreichs im Wege