32 Die Schweizerische Reformation.
Zwingli stimmte in allen religiösen Grundanschauungen mit
Luther überetit; uur in bezug aus das Abendmahl gingen ihre An¬
sichten auseinander. Lnther stand hier der katholischen Auffassung
näher, indem er zwar nicht eine wirkliche, wunderbare Verwandlung
(„Transsubstantiation") von Wein und Brot in das Blut und den
Leib Christi annahm, aber doch die Einsetzungsworte: „Das ist mein
Leib, das ist mein Blnt", so auslegte, als ob damit eine gewisse
geheimnisvolle „Gegenwart Christi" im Abendmahle bezeichnet werde;
Zwingli betrachtete das Abendmahl mehr nur als ein Gedächtnis-
mahl, bet welchem der das Brot und den Wein Genießende sich der
Dahingabe des Leibes und des Blutes Christi für die Menschheit
lebhaft erinnern solle („das bedeutet meinen Leib und mein Blut").
Ein Religionsgespräch, welches beide deshalb 1529 in Marburg hielten,
führte zu keiner Verständigung.
Obschon Zwingli seine Reformation unter anscheinend viel gün¬
stigeren Verhältnissen begonnen hatte, als Luther, starb er doch als
Märtyrer seiner Sache. Die strengkatholischen Kantone Luzern, Zug,
Schwyz, Uri, Unterwalden begannen einen Glaubenskrieg gegen
Zürich (1531). Nach altem Herkommen mußte ein Geistlicher das
Banner der Stadt als Feldprediger begleiten. Zwingli ward dazu
ausersehen. Bei Cappel unterlagen die Züricher (am 11. Okt. 1531)
ihren Gegnern, und Zwingli selbst fiel.
Doch ging sein Werk nicht mit ihm unter, lebte vielmehr fort
itnb breitete sich aus, zunächst in den größeren Schweizer Republiken,
außer in Zürich in Bern, Basel, Lausanne, Genf. An letzterem Orte
erhielt es eine weitere Ausbildung und Befestigung durch Johannes
Calvin (Jean Canvin), geb. in der Picardie 1509, der nach langen
äußeren Irrfahrten und vielen inneren Kämpfen sich zum Haupte
der reformierten Kirche in Genf und allmählich der ganzen von der
Schweiz ausgehenden Reformationsbewegung machte, welche zum Teil
allerdings schon vor ihm, in verstärktem Maße aber seit seinem Ein¬
treten in dieselbe, durch seinen Geist und namentlich seine große
Sittenstrenge gleichsam neubeseelt, sich über einen Teil Deutschlands,
Hollands, Frankreichs, Englands ausbreitete.
Die Schweizer Reformation hatte burch ihre Verbinbung mit
dem dortigen republikanischen Gemeinwesen einen mehr demokratischen
Charakter, als die deutsche, erhalten, und sie hat denselben in bezug
auf ihre kirchlichen Einrichtungen auch da bewahrt, wo sie auf einem
monarchischen Boden Wurzel faßte. Ihre Kultusformen waren von
Anbeginn an einfacher, als die der lutherischen Kirche, und ihre