Full text: Von Karl V. bis zur Aufrichtung des neuen deutschen Kaisertums (1519 - 1871) (Theil 3)

32 Die Schweizerische Reformation. 
Zwingli stimmte in allen religiösen Grundanschauungen mit 
Luther überetit; uur in bezug aus das Abendmahl gingen ihre An¬ 
sichten auseinander. Lnther stand hier der katholischen Auffassung 
näher, indem er zwar nicht eine wirkliche, wunderbare Verwandlung 
(„Transsubstantiation") von Wein und Brot in das Blut und den 
Leib Christi annahm, aber doch die Einsetzungsworte: „Das ist mein 
Leib, das ist mein Blnt", so auslegte, als ob damit eine gewisse 
geheimnisvolle „Gegenwart Christi" im Abendmahle bezeichnet werde; 
Zwingli betrachtete das Abendmahl mehr nur als ein Gedächtnis- 
mahl, bet welchem der das Brot und den Wein Genießende sich der 
Dahingabe des Leibes und des Blutes Christi für die Menschheit 
lebhaft erinnern solle („das bedeutet meinen Leib und mein Blut"). 
Ein Religionsgespräch, welches beide deshalb 1529 in Marburg hielten, 
führte zu keiner Verständigung. 
Obschon Zwingli seine Reformation unter anscheinend viel gün¬ 
stigeren Verhältnissen begonnen hatte, als Luther, starb er doch als 
Märtyrer seiner Sache. Die strengkatholischen Kantone Luzern, Zug, 
Schwyz, Uri, Unterwalden begannen einen Glaubenskrieg gegen 
Zürich (1531). Nach altem Herkommen mußte ein Geistlicher das 
Banner der Stadt als Feldprediger begleiten. Zwingli ward dazu 
ausersehen. Bei Cappel unterlagen die Züricher (am 11. Okt. 1531) 
ihren Gegnern, und Zwingli selbst fiel. 
Doch ging sein Werk nicht mit ihm unter, lebte vielmehr fort 
itnb breitete sich aus, zunächst in den größeren Schweizer Republiken, 
außer in Zürich in Bern, Basel, Lausanne, Genf. An letzterem Orte 
erhielt es eine weitere Ausbildung und Befestigung durch Johannes 
Calvin (Jean Canvin), geb. in der Picardie 1509, der nach langen 
äußeren Irrfahrten und vielen inneren Kämpfen sich zum Haupte 
der reformierten Kirche in Genf und allmählich der ganzen von der 
Schweiz ausgehenden Reformationsbewegung machte, welche zum Teil 
allerdings schon vor ihm, in verstärktem Maße aber seit seinem Ein¬ 
treten in dieselbe, durch seinen Geist und namentlich seine große 
Sittenstrenge gleichsam neubeseelt, sich über einen Teil Deutschlands, 
Hollands, Frankreichs, Englands ausbreitete. 
Die Schweizer Reformation hatte burch ihre Verbinbung mit 
dem dortigen republikanischen Gemeinwesen einen mehr demokratischen 
Charakter, als die deutsche, erhalten, und sie hat denselben in bezug 
auf ihre kirchlichen Einrichtungen auch da bewahrt, wo sie auf einem 
monarchischen Boden Wurzel faßte. Ihre Kultusformen waren von 
Anbeginn an einfacher, als die der lutherischen Kirche, und ihre
	        
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